
TILIDIN? Nie gehört. Gut, dass es Pieke Biermann und ihre Kriminalreportagen gibt. Dort erfährt man etwas über den TILIDIN-CHIC und, keine Sorge, Pieke ist jetzt nicht in der Modeberichterstattung tätig, sondern immer noch mitten im kriminellen Alltag. Also am Freitag, 21. Dezember 2007 um 10:27 und 13:27 im RBB-Inforadio 93,1 (Wiederholungen Sonntag 13:45 und 18:45 und Montagnacht 04:45) und am Sonnabend, 22. Dezember 2007, im TAGESSPIEGEL. Und wer nicht warten kann, klicke aufs Radio.
Vom “Heroin-Chic” ist nicht mehr viel übrig, seit an Kate Moss der Zahn der Zeit nagt und an Pete Doherty der Zahn des Immergleichaussehens. Den “Tilidin-Chic” hat die Modebranche noch nicht entdeckt, aber das kommt vielleicht noch. Denn die Jungs, die es Anfang des Jahrtausends zur neuen Modedroge befördert haben, sind auch nicht unfotogen – wenn man gegelten Hahnenkamm oder Bushidoplatte an ihrer Ghettosoße mag.
Anfang 2002 stießen Zivilfahnder in Berlin-Neukölln zum ersten Mal auf sehr junge Jungs, allesamt aus muslimischen Familien, die von “jugendtypischen Bagatelldelikten” umgeschwenkt waren auf schwere Raubtaten und Crash-Fahrten in Rennautos. Schmächtige Kerlchen, die sich nur mit zwei, drei Mann bändigen und festnehmen ließen. Sie schienen total schmerzresistent.
Zur selben Zeit tauchten Jugendliche bei den Sozialarbeitern von Gangway e.V. auf, die nach Entzugsmöglichkeiten fragten. Grund für beides: TILIDIN. Keine illegale Droge, sondern ein rezeptpflichtiges starkes Schmerzmittel. Aber illegal beschafft – zunächst durch Rezeptklau und – fälschung oder bei gierigen Apothekern, inzwischen durch organisierte Kriminalität.
Der Amokschütze von Erfurt, der Amokstecher vom Berliner Hauptbahnhof waren auf Tilidin. Bei wie vielen der “unerklärlichen Gewaltausbrüche von Jugendlichen” noch alles Tilidin im Spiel war und ist – niemand weiß es.