Wegen der durch die Finanzmarktkrise ausgelösten Krimimarktkrise unterbrechen wir unser laufendes Lehr- und Informationsprogramm für einige existentielle Mitteilungen. Wir alle wissen, wie es um unsere Ersparnisse bestellt ist. Wir alle wissen, dass gehandelt werden muss. Der Neoliberalismus ist, so CDU-Politiker in verschämten Nebensätzen, very out, was gestern noch Religion war, ist heute Blasphemie, wem man soeben noch huldigte, der baumelt bereits lyrisch im lauschigen Wind und bekommt einen langen Hals. Bundeskanzlerin und Finanzminister haben in einer dramatischen Aktion die vollständige Sicherung der Ersparnisse verkündet und zugleich eine Unterstützung der systemrelevanten Bankhäuser versprochen. Wir von Hinternet wollen da nicht nachstehen.
Denn, das ist die gute Nachricht: Hinternet garantiert die Werterhaltung ihrer Krimirücklagen! Was immer sie auch im Bücherschrank stehen haben – kein Plot wird verlorengehen, keine Botschaft verpuffen, kein Mörder seiner gerechten Strafe entkommen, kein Subtext sich in Luft, kein Metatext in Wohlgefallen auflösen! Voraussetzung: Der Krimi muss systemrelevant sein, also für das Genre an sich unersetzlich.
Was ist nun aber systemrelevant? Nun, erklären wir zunächst einmal, was nicht systemrelevant ist. Alle kriminalliterarischen „Leerverkäufe“ natürlich, die zu dem einzigen Zwecke der Gewinnmaximierung getätigt wurden und bestrebt waren, die Krimibörsenkurse in den Keller zu treiben. Sorry, liebe Henning-Mankell- und Donna-Leon- und Karin-Sowieso-LeserInnen, aber ihr habt soeben die Arschkarte gezogen.
Desweiteren nicht systemrelevant sind alle Krimis, die von der Leserschaft ahnungslos in gutem Glauben erworben wurden, weil ihnen skrupellose Agenten (Buchhändler, Rezensenten, Klappentextwerbung) vorspiegelten, es handele sich hier um ein voll verständliches, seriöses Produkt. Dies betrifft natürlich alle „literarischen Krimis“ von Heinrich Steinfest bis Jerome Charyn, von Chester Himes bis Fred Vargas. Was da als „flüssig zu lesen“, „hammergeile Action“ verkauft wurde und sich als undurchsichtige und hochspekulative Textmelange entpuppte, wird ab sofort vom Markt genommen, weitere „Produkte“ dieser Art werden unter Androhung strengster Strafen verboten.
Überhaupt nicht systemrelevant sind Regionalkrimis. Als deutsches Phänomen unterliegen sie nicht dem notwendigen Globalisierungszwang, ohne den unsere Exportweltmeisterschaft auf dem Krimimarkt von Anfang an unter keinem guten Stern steht.
Systemrelevant sind hingegen alle Produkte solcher Häuser wie Shayol / Funny Crimes, NordPark, Edition Köln oder Pendragon. Sie verfügen über das notwendige geistige Eigenkapital, um auch längerfristige Kreditwürdigkeit bei ihrer Kundschaft genießen zu können. Wer hier zugreift, ist immer auf der sicheren Seite.
Als flankierende Maßnahme wird die deutsche Rating-Agentur des Krimimarktes mit sofortiger Wirkung geschlossen. Wir meinen natürlich die „KrimiWelt Bestenliste“, deren Urteile schon manchen Interessierten ins intellektuelle Verderben getrieben hat. Die dort beschäftigten Damen und Herren Kritiker werden rechtschaffener Arbeit in einfach möblierten Denkfabriken zugeführt, die durch formschöne Zäune von der tristen Wirklichkeit getrennt sind.
Man sieht: Hinternet tut etwas für die von Schlaflosigkeit geplagten Krimiinvestoren! Ihre Plots sind sicher! So wie die Rente, die Bildung ihrer Kinder, das Klima der Erde, die Pension ihres Wahlkreisabgeordneten im deutschen Bundestag. Entspannen Sie sich. Alles wird – na ja.
Och. Jetzt hast du Massage (shiatsu kann ich z.B. sehr empfehlen) in Botschaft verbessert! Wie schade.
Ja. Das kommt davon, wenn man mal rasch die Korrekturvorschläge von word abnickt. Weil man eigentlich überhaupt keine Zeit zum Bloggen hat. Wahrscheinlich mach ich es wie Ludger und setz ein Forum auf. Dann könnt ihr euch eure Inhalte selbst generieren.
bye
dpr
Mach das bloß nicht. Wir sind doch nicht die „Generation Inhalte“. Dafür bist du zuständig. Ich höchstens für die Form.