Welches Buch wird heuer als „Deutschlands beste Krimifrühjahrsnovität 2009 aller Zeiten“ reüssieren? Die Fachwelt sowie das interessierte Laien- und Lesertum befinden sich im Wettfieber. Hoher Favorit: Andrea Maria Schenkel mit „Bunker“. Krasser Außenseiter: Edward Bunker mit „Lockruf der Nacht“. Im Viertelfinale treffen beide Titel aufeinander. Was erwartet uns?
Die Begegnung findet in der Klasse „Dünne Krimis“ statt. Mit 122 Seiten kann „Bunker“ von la Schenkel souverän das Gewicht ihres ersten Triumphs, „Tannöd“, halten. Edward Bunkers „Lockruf“ hingegen tangiert mit 220 Seiten exakt die Grenze zur nächsthöheren Klasse. Bei Schenkel geht es diesmal um das als Stockholm-Syndrom bekannte Phänomen, dass dem Opfer der Täter plötzlich sympathisch ist; Bunker seinerseits erzählt von einem Kleinganoven in einer Stadt, die darum bettelt, ausgenommen zu werden. Auch hier also kommt es zu merkwürdigen Verbrüderungen.
Was spricht nun aber, abseits literarischer Kriterien, von Seiten der Urheber für die jeweiligen Titel? Gibt es Gemeinsamkeiten? Edward Bunker verbrachte einige Jahre im Knast. Andrea Maria Schenkel blieb dieses Schicksal trotz eines aufsehenerregenden Plagiatsprozesses erspart, sie konnte den Gerichtssaal als freie Frau verlassen. Dafür hat sie zweimal hintereinander den Deutschen Krimipreis gewonnen, was man mit Fug und Recht einer langjährigen Haftstrafe gleichsetzen kann (und der Gewinn des Glauser kommt, zumindestens bei einigen Zeitgenossen, gar einem Todesurteil gleich).
Anders sieht es bei der Präsenz der beiden aus. Nicht daran zu zweifeln dürfte sein, dass Frau Schenkel den Kampf ihres Werkes um die Krone medial äußerst aktiv unterstützen wird. Lesungen, Fernsehauftritte, das Erscheinen auf der Buchmesse, wo es zu publikumswirksamen Interviews, Autogrammstunden und Fototerminen kommen müsste. Dem kann Edward Bunker, der seit 2005 leider tot ist, wenig entgegensetzen, eigentlich überhaupt nichts. – Ist dies das entscheidende Plus für Andrea Maria Schenkel?
Wir sehen sehen. Schon des öfteren konnten wir Pferde beim Kotzen vor der Apotheke beobachten, plötzliche Paradigmenwechsel – „Mensch, die Schenkel schreibt ja wie’ne Fünfzehnjährige! Geil, das Cover von „Lockruf der Nacht“ sieht aus wie aus der Hard Case Crime-Reihe geklaut! – sind im turbulenten Krimigewerbe stündlich und damit unverhofft zu erwarten. Bunker wäre, würde er noch leben, ein ziemlich alter Knacker, könnte also vom Richard-Stark-Effekt des Vorjahres profitieren. Frau Schenkel ist eine Frau – was gegen sie, aber auch für sie sprechen kann. Jedenfalls: Es wird sauspannend! Bleiben Sie die nächsten Wochen auf diesem Blog, der sie zuverlässig über Verlauf und Ausgang dieses „Gigantentreffens“ informieren wird.
„Bunker wäre, würde er noch leben, ein ziemlich alter Knacker, könnte also vom Richard-Stark-Effekt des Vorjahres profitieren.“
Böser, böser dpr!
Es gibt keinen Zweifel, dass Zoran Drvenkar/SORRY Deutschlands beste Krimifrühjahrsnovität 2009 ist.
Hm. Ja. Nein. Ich stimme zu und halte dagegen. Weil ich so ein böser Bube bin, wie Claus korrekt festgestellt hat.
bye
dpr
*Samstag im Titelmagazin…