Aus den Katalogen

Die Herbstkataloge flattern ins Haus. Und versprechen uns: Auch in den nächsten Monaten wird der Krimistrom nicht abreißen. Dick sind sie, diese Kataloge, hochglänzend, Marktgeschrei tönt aus den Seiten. Aber wenden wir uns den schmaleren, nüchterneren, nicht ganz so lauten Katalogen zu, den kleinen oder zumindest kleineren Verlagen. Was versprechen sie uns für die zweite Hälfte des Jahres? Einige Hervorhebungen.

Beginnen wir mit dem Belleville Verlag, der hauptsächlich Sachbücher feilbietet. Hier besonders interessant: „Die Haarmann-Protokolle“ (Juni 2009), herausgegeben von Christine Pozsár und Michael Farin. Auf 640 Seiten entfaltet sich die krude Welt des „Werwolfs von Hannover“, Grundlage auch des preisgekrönten Films „Der Totmacher“. Ebenfalls reizvoll: „Schwärmerische Gräuelscenen. Der Fall Margarethe Peter“. True Crime und religiöse Schwärmerei aus dem Kanton Zürich im Jahre des Herrn 1823 (Dezember 2009). Und nicht zu vergessen: Die zweibändige „Chronik des Polizeipräsidiums München“. Von 1294(!) bis 2010, erscheint im November 2009 (Band 1) resp. im September 2010, insgesamt 960 Seiten für 68 Euro.

Aber nun einen Schwenk zur Belletristik. Aus dem Hause Pendragon dringt die Kunde, Frank Göhre beschenke uns im Juni mit „Seelenlandschaften“, im Untertitel: „Annäherungen, Rückblicke“, also eigentlich auch „Sachbuch“, doch wer Göhre und sein Glauserbuch „Mo“ kennt, der ahnt schon, dass es mehr als das sein wird. Es geht jedenfalls um „die Seelenlandschaften der Protagonisten in den Romanen von Charles Willeford, Edward Bunker und Tony Hillerman“, 224 Seiten für nicht mal einen Zehner, da freuen wir uns drauf.

Freuen werden sich auch viele auf David Peace und „Tokio im Jahr Null“. Die Verlagsbuchhandlung Liebeskind verspricht uns das Werk für den August. Ein Serienmörder treibt im zerstörten Tokio des Jahres 1946 sein Unwesen – der erste Band von Peaces Japan-Trilogie.

Bis zum Oktober warten müssen alle Freunde von Leo Perutz. Dessen „Zwischen neun und neun“ erscheint dann bei Matthes und Seitz mit Illustrationen von Rasha El Sawiy. Man darf auf das bibliophile Stückchen gespannt sein, auch wenn man den famosen Text schon in- und auswendig kennt.

Das auf den ersten Blick merkwürdigste Projekt annonciert der Emons Verlag. „Die besten Tatorte jetzt als Buch!“ Hm. Da auch ein SR-Tatort dazugehört, zweifeln wir das schon mal kleinlaut an. Vielleicht zu unrecht. Sechs Tatorte mutieren in dieser ersten Lieferung zu Romanen, ausnahmslos nicht von den Drehbuchautoren verfertigt (darunter auch Friedrich Ani), sondern anderen Schreibern. Aber sinds überhaupt Romane? Der Verlag verkauft sie jedenfalls als „Begleitbücher“…

Romane sind es ganz bestimmt, womit uns Grafit in die Buchhandlungen lockt. Harry Nykänen, als Autor der „Raid“-Krimis gut beleumundet, kommt im September mit „Ariel. Mord vor Jom Kippur“ auf den Markt. Spielt in Finnland und beschäftigt sich mit dem dortigen jüdischen Leben. Der Verlag warnt: „Nichts für Zartbesaitete“. Aus der deutschen Abteilung wollen wir Jan Zweyers „Goldfasan“ hervorheben, ein historischer Kriminalroman aus der NS-Zeit. Nicht unproblematisch, mal schauen, wie es Herr Zweyer hingekriegt hat.

dpr

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