„Bei Gelegenheitsjobs braucht man nicht nachzudenken“, sagte ich und schwieg einen Moment. „Wenn man so was lange genug macht, können sogar die Jahre allmählich verschwimmen.“
„Mein Gott, Adam.“
„Du hast kein Recht, über mich zu urteilen, Robin. Wir haben beide unsere Entscheidungen getroffen. Ich musste mit deinen leben. Es ist nicht fair, dass du mich für meine verurteilst.“
„Du hast recht. Es tut mir leid.“
Warum erinnern mich solche Dialoge immer an Menschen, in deren Unterhosen die Gummizüge gerissen sind? Und während sie nebeneinander hergehen und sich körperlich verrenken, überträgt sich diese Verrenkung auf ihr Sprachzentrum.
Furchtbarer Kitsch, falsches Pathos, Sinnhuberei auf Stelzen. Zu finden in einem preisgekrönten, auch in Deutschland mit Vorschusslorbeeren veröffentlichten Krimi. Wer hat Schuld? Der Übersetzer? Der Autor? Ich tendiere zum Autor, denn auch ein Übersetzer muss notgedrungen übersetzen, was dasteht, dieses etwa:
„Ich sah jedes Detail seines Gesichtes deutlich vor mir, doch vor allem sah ich den Fremden in ihm, den reinen, alles zermalmenden Hass, als der letzte Rest seines Glaubens an mich zerbrach.“
„Mein Vater und ich sprachen nie darüber. Wir begruben die Frau, die wir liebten, und es war so, wie ich es immer gewusst hatte: Tod und Blut gehörten dazu, wenn man vom Jungen zum Mann heranwuchs.“
Ganz offensichtlich ist hier beim Autor selbst der Gummizug gerissen und er kämpft sich merklich gehandicapt durch seine Geschichte. Von der ich gerademal ein Viertel hinter mir habe… Wenigstens spannend das Ganze? I wo…
Dann bitte noch den Namen. Als Warnung.
nix leichter: „‚Der dunkle Fluss’“ ist alles in allem ein rasanter Thriller mit einem Feuerwerk an Emotionen und vielen überraschenden Wendungen, der den Leser bis zum Schluss in Atem halten“ (=Verlagslyrik).
Beste Grüße!
Yep, mein Lieber. „Feuerwerk an Emotionen“ triffts tatsächlich. Der Autor, John Hart heißt er übrigens, steckt dem Leser Knallfrösche und ähnliches Tischfeuerwerk in die Taschen und erfreut sich an der kitschigen Knallerei.
bye
dpr
Ich fand diese süssliche, leicht modrige Südstaatenatmosphäre, die der Text entwickelt, nicht schlecht. Vollkommen daneben ist allerdings der literarische Anspruch den Hart im Nachwort formuliert hatte und dem er keinesfalls gerecht wurde.
ich kann übrigens nicht glauben, daß Krimi leichter zu übersetzen ist als andere Literatur. Im Gegenteil: er setzt auf Selbstverständlichkeiten von Sprachgemeinschaften auf, die nicht einfach (‚wie sie dastehen‘) zu übertragen sind. Da wird der vielleicht noch erträgliche schnell zum unerträglichen Crime-Kitsch. Aber damit habe ich mir eben schon das Maul verbrannt (na ja: auch ein dunkler Fluß fließt banal flußabwärts …)
Beste Grüße!
@Bernd: Ja, aber dieses Süßlich-Modrige ist im Schreiblabor zusammengemixt, künstliche Aromastoffe etc. Leser von Tennessee Williams, William Faulkner et al., die dazu immer fleißig James Dean geguckt haben, fühlen sich unangenehm erinnert.
@JL: Klar, Krimi ist nicht leichter zu übersetzen und schon gar nicht, „wie’s dasteht“. Nur: „…als der letzte Rest Glaubens an mich zerbrach“ etc., da kann ich mir nicht vorstellen, dass eine kitschfreie englische Vorlage durch einen deutschen Übersetzer verkitscht wurde. Zumal, wenn man das Umfeld betrachtet. Da tauchen „weiße Hirsche“ hübsch mythologisch dick aufgetragen auf, da heißt der Held nicht zufällig „Adam“ (der vom Gott-Vater bekanntlich verstoßen wurde)… Das ist der Moder, in dem sich Kitsch wohlfühlt.
bye
dpr
eben: Bibeln und biblische Namen haben für die Amis andere Bedeutungen als für uns … aber Sie haben ja recht, lieber dpr. Nichts läge mir ferner, als Herrn Hart in Schutz zu nehmen.
Beste Grüße!