Eine Stadt sucht ihren Mord

Man muss das verstehen. Jahrhundertelang lag die Stadt im Halbschlaf, nichts geschah. Ein Reichsgrafengeschlecht verschwand in den Wirren der Französischen Revolution (und tauchte – von der Leyen – irgendwann in Gestalt einer angeheirateten Familienministerin wieder auf), das Schloss brannte, an den Straßenrändern Myriaden von Reissäcken, die einfach nicht umfallen wollten. Irgendwann, Gebietsreform, kamen umliegende Gemeinden (zumeist gegen ihren Willen) zur Stadt hinzu und brachten mit: einen Grillweltmeister, einen Mann, der das verbrach, was heute seinen Namen wie einen Rufmord trägt: Hartz IV. Und jetzt das:

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Mord! Hier! Nur auf Papier, aber immerhin. Mord! Und die Buchhandlungen gestalten ihre Schaufenster, greifen in den Fundus des Schauerlichen, das eigentlich für die Gestaltung an Halloween gedacht ist. Etwa die →Gollenstein Buchhandlung: ein Knochen, ein Revolver (links unten auf dem Bild, angeschnitten):

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Auch die Buch- und Zeitschriftenhandlung Greulich verwendet eine Halloween-Requisite:

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Ja, sagen die freundlichen Buchhändlerinnen, verkauft sich prächtig, das Werk. Wen wunderts. Mancheiner hielte es für einen „Saarlandkrimi“, dem ziehe man aber schnell den Zahn, kaufen es aber dennoch. Das Wiedererkennungsprinzip bleibt ja unangetastet, die Orangerie ist die Orangerie, der Italiener der Italiener, das Eiscafé das Eiscafé.

Als der Blogger und Autor das Arrangement mit dem makabren Schädel fotografiert, schallt es ihm aus dem Innern der Buchhandlung entgegen: „Fotografierst du dich wieder selber, Herr Rudolph?“ Stimme unverkennbar, es ist der Stadtarchivar. Der Stadtarchivar! Hat, sagt er, das Buch heute in der Mittagspause gekauft, und wehe, es gefällt nicht. „Ich hau’s dir um die Ohren!“ Macht der. Vor allem, wenn er merkt, dass auch im Krimi ein Stadtarchivar vorkommt.

So ist das hier. Hunderte von Jahren lang passiert nix, und dann passiert was, und dann musst du aufpassen, dass du weiterhin in den Geschäften bedient wirst und dir nicht plötzlich Bücher um die Ohren gehauen werden. Aber daran ist man ja selber schuld.

dpr
*verabschiedet sich ins Wochenende

3 Gedanken zu „Eine Stadt sucht ihren Mord“

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