Alfred Komarek: Polt.

Nein, wir fragen jetzt nicht, was eigentlich mit den österreichischen Kollegen los ist, dass sie ihre ausrangierten Krimihelden noch einmal wiederbeleben müssen. Sondern stellen fest: Nach Wolf Haas hat auch Alfred Komarek seinen Serienermittler nach Jahren der trügerischen Ruhe erneut ins Rennen geschickt, den Gendarmen Polt, der kein Gendarm mehr ist, aber das Ermitteln nicht lassen kann.

Also kein Gendarm mehr, der Simon Polt. Lebt weiterhin in seinem Provinznest, hat mit zwei Freunden eine Wirtschaft gepachtet, arbeitet zudem im Kaufhaus der Frau Habesam, ist immer noch mit der Lehrerin Karin Walter zusammen, die erwartet ein Kind vom Polt. Und weil man in einer Weinbaugegend ist, lässt der Expolizist auch den Alkohol nicht ungeschoren. Dann, eines Abends, entdeckt Polt, der mit dem Nochgendarmen Norbert Sailer spazieren geht, in dessen Weingarten eine Leiche. Pulsadern geöffnet, Selbstmord? Eher nicht. Vieles spricht für Sailer als den Täter, das glaubt auch der ermittelnde Beamte Priml, nur Polt sieht die Sache anders.

Ja, und so läuft es dahin, 167 Seiten lang. Und wird zu einem Paradestück fleißig und gekonnt aneinandergereihter Genreversatzstücke. Der leicht versoffene Ermittler, die störrischen Zeugen, die üblichen Verdächtigen, der nervige Beamte, das ländliche (Nicht-)Idyll. Manchmal hart an der Grenze zum tränendrüsigen Sentiment (vor allem, wenn der Polt seine Karin so richtig lieb hat), aber auch das passt ins Bild. Dann, gegen Ende, wird mit einigem Theaterdonner eine Art Psychoabgrunddrama inszeniert. Dazwischen wandelt der Exgendarm, dem man nicht zutraut, den Fall zu lösen, ein irgendwie harmloser Mensch, glaubt man, durch eine ebenso harmlose Landschaft, über der milder Witz wie Nieselregen sprüht.

Das Zauberwort heißt Atmosphäre. Die kann der Komarek. Eine Atmosphäre alltäglicher Skurrilität, dank der schönen Klischees oberflächlich genug, um die Szenerie in toto überblicken zu können, doch niemals so ausladend, dass man „Is ja gut!“ schreien möchte. Am Ende wird die gemächlich laufende Maschine so richtig auf Touren gebracht, inklusive lustiger Witwe, schwerer psychischer Schädigungen und drohender Vereitelung des Poltschen Familienglücks (die Karin soll versetzt werden…). Dann lässt auch der ahnungslose Polt seine Maske des Biederen fallen und hat natürlich alles längst gewusst. Das kann man ein wenig überzogen finden, nur, mal ehrlich, warum sollte man. Der schmale Band erzählt eine hübsche Geschichte, bringt die einigermaßen plausibel zu Ende, auch mit der Karin wendet sich’s zum Guten und ein bisschen Melancholie, ein bisschen menschliche Enttäuschung bleiben zurück. Ob der Polt jetzt genug hat? Man weiß es nicht. Schad wärs, irgendwie.

Alfred Komarek: Polt. 
Haymon 2009. 167 Seiten. 16,90 €

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