Declan Burke gibt auf

Zwei Bücher hat der irische Krimiautor Declan Burke herausgebracht. Hochgelobt in den angloamerikanischen Landen, noch nicht ins Deutsche übersetzt, von Bernd Kochanowski indes auch hierzulande gepriesen. Burke führt zudem einen feinen Blog mit dem hintersinnigen Namen →Crime Always Pays, und auf diesem teilte er nun seiner bestürzten Leserschaft mit, er gebe das Schreiben von Krimis auf. Er müsse eine Familie ernähren, was ihm mit journalistischen Arbeiten besser gelinge als dem mühseligen Zusammenbosseln von „fiction“, dieser zeitraubenden und schlechtbezahlten Tätigkeit. Wir soll man sich eines gutes Gewissens erfreuen, wenn man seine Familie vernachlässigt, sie in ökonomische Nöte stürzt – und das werte Publikum, aller Jubelarien zum Trotz, dann doch lieber zum üblichen Massenfroufrou greift?

Aufheulen und Verständnis gleichermaßen: so die ersten Reaktionen. Dabei ist Burkes Entscheidung ja nicht einmalig. Man müsste einmal nachschauen, wie viele talentierte SchreiberInnen nach dem ersten, dem zweiten, dem dritten Buch das Handtuch geworfen haben, nach einem resignierten Blick auf die Kontoauszüge und in die Gesichter ihrer Angehörigen. Ja, warum tut man sich das an? Wo leben wir denn? In einer Gesellschaft, die sich über das Einkommen definiert, in der ein Buchhändler leben will, ein Verleger leben will, ein Drucker, eine Sekretärin, ein Rundfunkredakteur, leben wollen sie alle, nicht schlecht zudem, auskömmlich eben. Und würde etwa ein Buchhändler, ein Verleger, ein Redakteur für einen Hungerlohn, allein „zur Beförderung der hehren Literatur“ morgens fluchend aufstehen, sich zu seinem Arbeitsplatz quälen? Doch, einige machen das gewiss. Eine Zeitlang, bis es nicht mehr geht. Die meisten tun es nicht. Sie haben ihr Gehalt und manchmal besteht ihre Aufgabe darin, den Autoren zu erklären, warum die leider NICHT von ihrer Arbeit leben können. Ist halt so.

Irgendwann schmeißen viele den Bettel hin. Sie verstehen ja, dass, wer von Büchern leben will, genug Bücher verkaufen muss. Das sind nun einmal die Marktgesetze. Setz dich ein Jahr hin, schreib was und verkauf eine Million Exemplare, dann schauen dich alle neidisch oder bewundernd an. Setz dich ein Jahr hin, schreib was und verkauf 400 Exemplare, genieße die Elogen der Kritiker und ignoriere die Häme jener, für die Qualität immer auch mit Quantität verbunden ist, die ein schlecht verkauftes Buch automatisch für ein schlechtes halten. Wie lange macht man so etwas mit? Und: warum?

Weil man schreiben möchte. Weil man schreiben muss. Weil man – jedenfalls vorerst – die Hoffnung nicht aufgibt. Weil man – ja doch – an so etwas wie Gerechtigkeit glaubt, an das Gute im Menschen gar – okay, das vergeht einem schnell, aber an etwas muss jeder glauben und sei es auch noch so hanebüchen.

Und dann gibt man auf. Dann lichten sich die Reihen, verschwinden die Talente. Zuerst vielleicht aus den Katalogen der „Großen“, abwandern in die der „Kleinen“, was nichts Ehrenrühriges ist, im Gegenteil, was eine Chance sein kann. Oder ein neuer Teufelskreis. Wieder schreibst du, wieder wills keiner lesen, weil kleine Verlage eben kleine Verlage sind und sich den Platz in den großen Buchkaufhäusern nicht leisten können. Und weil auch kleine Verlage Geld verdienen müssen, verschwindet man eines Tages auch aus deren Katalogen. Da ist die Entscheidung von Declan Burke die am wenigsten schmerzliche: Er gibt’s einfach auf, bevor man ihn aufgibt.

Weh tut’s dennoch: dem Autor, seinen Lesern, den Kritikern, die sich einen Wolf geschrieben haben, um einen wie Burke zu pushen. Und die an den üblichen Wänden abgeprallt sind: der Selbstbescheidung der Leserschaft, die mit Massenmist zufrieden ist, dem ganzen „Betrieb“, den das nicht kümmert, weil für Burke sofort ein anderer Naivling und Idealist in den Ring steigt. Auch mit dem lässt sich Geld verdienen. Vielleicht nicht viel, aber immerhin. Kleinvieh halt.

Und mit diesen Gedanken wollen wir fröhlich ins Wochenende gehen, etwas Gutes lesen und hoffentlich auch etwas Gutes schreiben.

Ein Gedanke zu „Declan Burke gibt auf“

  1. will man Bücher schreiben, um damit Geld zu verdienen, sollte es nicht schwer sein, mit dem Schreiben aufzuhören, falls der Erfolg ausbleibt. Gibt es aber andere Gründe – warum sollten die „Talente“ verschwinden? Würde mich ein großes Talent um Rat fragen, ich würde sagen: Versuche nicht, etwas zu veröffentlichen. Wenn dir jemand einen Vertrag anbietet, lehne ab.

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