Eine Geschäftsidee

Eine pfiffige Idee, auch in Zeiten der Finanzkrise auf ihre Kosten zu kommen, hat die Arbeitsgemeinschaft der Freunde des literarischen Landhauskrimis (Internetauftritt wird vorbereitet). Die vehementen Verfechter einer nachzuholenden deutschen Krimitradition (Motto: „Ingrid Noll die deutsche Agatha Christie? Nur über unsere Leichen!“) kämpfen nicht nur für eine Wiederbelebung alter und bewährter Strickmuster der Kriminalliteratur. Sie wissen auch, wie man damit Geld verdienen kann…

„Wir ahnen sehr wohl, dass die deutsche Krimikritik uns mit Häme überschütten, mit Rufmord verfolgen und dringenden Kaufabräten schädigen wird!“ Mit diesem wie Donnerhall tönenden Satz beginnt die erste Pressemitteilung der AGFLL (Internetauftritt in Vorbereitung). Weiter heißt es: „Der deutsche Krimi ist deshalb unter aller Sau, weil uns hierzulande das Golden Age der Angelsachsen fehlt. Keine Häkelkrimiqueen, kein hinkender Butler mit Glasauge, keine zehn kleinen Negerlein – kein Wunder, dass in Deutschland jeder Stiesel, jeder dahergelaufene, verreckerte Bankert, jede wollstrumpfhosige Doppelnamenträgerin sich erdreistet, „Krimis“ zu schreiben. Mit einer vernünftigen Landhauskrimitradition würde das nicht passieren!“

Wir erfahren im Folgenden, dass sich der AGFLL (noch keine Homepage, kommt aber bald) verpflichtet fühlt, begabten Häkelkriminachwuchs auf jede nur erdenkliche Art zu fördern. Zitat: „Zwar fehlt es in der Bundesrepublik aufgrund der zu beklagenden Entmachtung des Adels und der Hochfinanz an repräsentativen Landhäusern, doch glauben wir hier an einen paradoxen synergetischen Umkehreffekt. Je mehr Landhauskrimis geschrieben werden, desto mehr Landhäuser werden erbaut, was es wiederum legitimiert, Landhauskrimis zu schreiben.“

Eine steile These. Agiert der AGFLL (noch nicht im Netz, der Provider ist aber schon gebucht) mit einer irgendwie weltfremden Attitüde? Haarscharf an den Belangen und Gegebenheiten der modernen Zeit vorbei? Man könnte es annehmen, gäbe es nicht eine Passage in der zitierten Pressemitteilung, die zumindest die ökonomische Cleverness der AGFLL (Link wird nachgereicht, sobald die Website steht) beweist.

„Da wir kaum Verlage dazu ermuntern können, Landhauskrimis zu veröffentlichen – ein skandalöses Faktum, das mit dem unheilvollen Einfluss der Krimikritik in unserem Lande zu erklären ist – wird der AGFLL (bitte beachten Sie unsere kommende Präsenz im Netz) erste Exempel AUF EIGENE KOSTEN verlegen. Da wir kein reicher Verband sind, müssen wir die zur Finanzierung notwendigen Mittel durch phantasievoll wertgeschöpfte Werbeeinnahmen zusammenbringen.“

Einer der vielen Vorschläge der AGFLL (sollten Sie die Website kennen, bitte mailen Sie uns den Link) ist dieser:

„Im ersten veröffentlichen Landhauskrimi, ‚Geplänkel in Haus Waldeslust‘ von Louise Freifrau von Sapp, findet sich folgende Passage:

Inspektor Steinhorst trat an den Sessel, auf welchem der Herzog tot, von einer Revolverkugel durchpfiffen, lag und mit offenen Augen zur Decke starrte. Auf dem Beistelltischchen neben dem Sessel – ein Buch. Grübelnd nahm es Steinhorst zur Hand und schlug es an just jener Stelle auf, die mit einem Lesezeichen markiert war. ‚Interessant‘, murmelte er. ‚Die These, es handele sich hier um Suizid, wäre damit vom Tisch.‘ Und fügte schmunzelnd hinzu: ‚Vom Beistelltisch, gewissermaßen.‘ Gräfin Rheingold, die erschütterte Hausherrin, entließ einen leisen Schrei. ‚Kein Selbstmord? Also Mord? Hier, in Haus Waldeslust? Wie kommen Sie zu diesem Schluss?‘ Steinhorst lächelte. ‚Ganz einfach, Gnädige Frau. Der Herzog war gerade dabei, einen spannenden Kriminalroman zu lesen. Und zwar Ludwig Schnuckes von der Kritik verwöhntes Debüt MORD IN DER BADEWANNE – EIN SAARLAND KRIMI aus dem grandiosen Verlagshaus Conte. Ich selbst habe dieses Werk mit höchstem Genuss gelesen und kann beschwören, dass kein Mensch, bevor er das überraschende Ende dieses ausgezeichneten Romans nicht kennt, auf den Gedanken käme, sich das Leben zu nehmen.‘ Gräfin Rheingolds Sinne schwanden, sie fiel nach hinten in die Arme ihres hinkenden und glasäugigen Butlers Frieder.

Wir freuen uns bekanntgeben zu dürfen, dass der für die Veröffentlichung des Kriminalromans ‚Mord in der Badewanne – Ein Saarland Krimi“ verantwortliche Conte Verlag sich die lobende Erwähnung seines Produkts eine namhafte vierstellige Summe kosten lässt, die ihrerseits vollauf genügt, sämtliche Druck- und Nebenkosten des nicht weniger hervorragenden Romans ‚Geplänkel in Haus Waldeslust – Ein Landhauskrimi aus dem Weserbergland‘ zu decken. Ich bitte alle Kollegen von der Presse, dies gebührend und entgegen den unlauteren Absichten der deutschen Krimikritik in ihren Organen bekanntzugeben. Weitere Informationen über die AGFLL finden Sie auf unserer Homepage, die noch im Entstehen ist.“

Anmerkung: Für die lobende Erwähnung des Conte Verlags in diesem Beitrag erhält der Verfasser einen Blankovertrag bis zu seinem Lebensende.

4 Gedanken zu „Eine Geschäftsidee“

  1. Genau. Oben steht „Vertrag“, unten ist unterschrieben. Alles andere setze ich dann nach Gutdünken ein (400 Freiexemplare, 50% Honorar etc.)

    bye
    dpr

  2. 400 Freiexemplare?!? – !

    Dann ist ja die Auflage bei über 420. Gratuliere, mein Lieber.

    (Hat gestern und Samstag schon wieder zwei Exemplare „Arme Leute“ verkäuft und fünf nachbestellt!)

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