Man kann kaum noch so schnell lesen wie einem die Krimiorakel um die Ohren gehauen werden. Liegt die Zukunft des Krimis in den Metropolen oder wendet man sich vermehrt der täuschenden Ruhe des Ländlichen zu? Ist Afrika der kommende Krimikontinent oder werden uns die neuen Höhepunkte des Genres eher aus China oder Brasilien erreichen?
Diese Dienstleistung der avancierten Kaffeesatzleserei gibt es gerne auch ins Grundsätzliche gewendet. Liegt die Zukunft des Buches, der Literatur, des Krimis wirklich noch in seiner massenproduzierten Papierform? Oder obsiegt am Ende doch das Digitale, nebst Personalisierung durch Textbausteine? Sag mir, welche Personen welche anderen Personen umbringen sollen – und per Suchen / Ersetzen soll es geschehen. Nenn mir die Sehenswürdigkeiten deiner Heimatstadt – und schwupps sind sie Literatur.
Ein Gutes haben solche Ausblicke auf Künftiges ja. Man bescheinigt der (Kriminal-)Literatur, überhaupt noch eine Zukunft zu haben. Die Frage ist nur wo und wie. Hat man sich an Krimi nicht längst sattgegessen? Verschwindet das Genre – ähnlich wie die ja auch mal geboomt habende SF – aus dem Rampenlicht der Buchhandlungen in die schattigen Ecken? Aus den Groß- in die Kleinverlage?
Aber solche Prognosen haben eben auch ihr Schlechtes. Sie transponieren aus dem Heute ins Morgen, nur dass sie dieses Heute kaum wirklich beachten. Über den Jetztzustand des Genres erfährt man nämlich wenig, es fehlt der etwas ausschweifende Blick, es fehlt auch die Beschäftigung mit dem Eigentlichen von Literatur, ihrer Sprache, ihrer Dramaturgie, ihrer Imaginationskraft. Könnte aber sein, dass die Zukunft des Krimis, wenn überhaupt, weder geografisch noch soziologisch, weder produktionstechnisch noch werbemäßig zu bestimmen ist, sondern aus der Analyse ihres Kerns heraus, aus sich selbst und ihren natürlichen Bestandteilen. Könnte tatsächlich sein, muss aber nicht.
dpr