Garry Disher: Rostmond

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Garry Disher hat seine Verdienste. Die Reihe um den Gangster Wyatt (bei Pulpmaster erschienen) ist mehr als eine Variation des „irgendwie guter Gangster“-Schemas, mit den Romanen um den Polizisten Hal Challis (beim Unionsverlag) sind ihm in der Vergangenheit nicht nur spannende Krimis, sondern auch geschickt verzahnte Psychogramme der australischen Gesellschaft gelungen. Keine Selbstverständlichkeit; und wie schnell man damit scheitern kann, zeigt Disher fatalerweise in seinem neuen Roman „Rostmond“ höchstselbst.

Dabei ist eigentlich alles wie sonst. Challis und sein Team sind vielbeschäftigt, ein Massenbesäufnis von Schulabgängern steht an, der Kaplan einer exklusiven Privatschule wird ins Koma geprügelt, ein Rechtspopulist mit Einfluss macht Druck und das Liebesleben unseres Helden, der seit kurzem mit Kollegin Ellen Destry zusammenwohnt, schlittert in eine Krise. Auch der Rest des Teams hat so seine Probleme und zu unguter Letzt wird eine Frau ermordet, und einem Mann, der ein Vergewaltiger ist, übel mitgespielt. Idyllisches Australien.

Ja, alles wie immer. Und doch: ganz anders. Denn die Einzelteile fügen sich einfach nicht zusammen. Die Geschichte mit dem Kaplan wird irgendwann durch eine läppische Aufklärung beendet, womit auch der unangenehme rechte Politiker, der so ziemlich alle gängigen Klischees bedient, von der Bildfläche verschwindet. Die Beziehungsprobleme erreichen schnell einen Punkt, an dem sie nur noch durch naiv-pschologisches Nabelschauen nerven (vor allem als Ellen Destry sich auch noch als Kleptomanin outet) und im Fall der ermordeten Frau bemüht Disher einen der ältesten Autorentricks, um den Täter zu entlarven. Spannung liest sich anders.

Stattdessen durchschaut man Dishers Anliegen schon nach wenigen Seiten. Er führt uns aggressiv-psychotische oder sonst irgendwie aus dem Lot geratene Männer vor, denen verwirrte Frauen gegenüberstehen, die entweder nicht wissen, was sie tun sollen oder einfach das Falsche tun. Das könnte spannend werden, wird es aber nicht, weil, siehe oben, die einzelnen Belegstücke vorgeführt und nach einer Weile abgehakt werden. Irgendwie scheint es Disher genervt zu haben, schon wieder einen Krimi schreiben zu müssen, was sich leider auch im Handwerklichen nicht ganz übersehen lässt. Wenn etwa eine 16jährige so redet, als habe sie gerade einen Grammatikduden verschluckt, spricht das nicht unbedingt für sorgfältige Ausarbeitung (ob es sich im Englischen auch so unglaubwürdig liest wie im Deutschen, weiß ich nicht).

Am nervigsten indes ist diesmal Hal Challis selbst. Er denkt und grübelt, denkt und grübelt, was ja nicht schlecht sein muss. Die Ergebnisse aber sind nichtssagend bis trivial, an allem hat er etwas auszusetzen, was auch nicht schlecht sein muss, doch irgendwann kommt man drauf: Hal Challis wird in „Rostmond“ zur australischen Ausgabe von Mankells Wallander, ein mürrisch räsonnierender Tropf, und das ist des Guten etwas zu viel. Denn, siehe oben, es gibt in diesem Roman nichts, was sich diesem Charakter und seinen Ergüssen in den Weg stellen würde, keine wirkliche Spannung, kein konsequent durchgezogener Faden, keine dramaturgische Überraschung.

Fazit: Garry Disher war schon wesentlich besser. Hoffnung: Er wird es wieder.

dpr

Garry Disher: Rostmond. 
Unionsverlag 2010
(Blood Moon, 2009. Deutsch von Peter Torberg).
347 Seiten. 19,90 €

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