Der zweitbeste Koch ist immer besser als der erstbeste, denn der heißt bekanntlich Hunger. Nur leider ist der zweitbeste, ein Chinese, spurlos verschwunden. Er hat in einer Art Mega-China-Event-City mitten in Wien gekocht, einem fernöstlichen Disneyland mit Restaurants, Hotels, einem Riesenrad (kleiner als das im Prater) – und einem Zoo. In diesem kulinarischen Paradies verkehrt auch Romanheld Xaver Ypp und das von berufswegen, er ist nämlich Gourmetkritiker der Zeitschrift „Lukull“.
Kurt Bracharz ist Österreicher und das sagt im Krimimetier etwa so viel wie die Spammail, man habe im spanischen Lotto eine Million gewonnen. Der Mann schreibt irgendwie „lustig“, aber wer jetzt „Wolf Haas!“ ausruft, lerne zur Strafe den erstbesten Koch kennen. Yaver Ypp formuliert sich elegant und eher lakonisch durch diesen „Fall“, der lange gar keiner ist, sondern nichts mehr als Assoziation und Mutmaßung, wie schon das schöne Cover – canned Panda– nahe legt. Chinesen essen bekanntlich alles, und warum hält man einen Zoo mit seltenen Tieren? Genau. Es gibt folglich detaillierte Einblicke in die fürchterlichen Essgewohnheiten Chinas, nebst knapper Chronik verbürgten Kannibalismus unter besonderer Berücksichtigung der Frage, ob ein saftiges Steak aus dem Oberschenkel meines Lieblingsfeindes tatsächlich gourmetzungentauglich wäre.
Natürlich tummeln sich auf den knappen 177 Seiten auch allerhand bizarre Gestalten: ein minderjähriger „idiot savant“, den Ypp in die Gastroszene einführt, weil er über den absoluten Geschmacksnerv verfügt, eine junge und betörend schöne Eurasierin, ein Jude, der drauf schaut, dass es in Chinarestaurants auch koscher zugeht, ein Bruder beim Geheimdienst, ein paar skurrile Typen aus der Kritikerschaft, chinesische Driaden und so weiter, kurzum: Alles was man braucht, um einen Krimi zu schreiben, der nichts weniger ist als das klappentexten behauptete „hartgesotten“.
Denn das Finale ist wie erwartet und erhofft läppisch, überdreht und daher belanglos. Aber darum geht es auch nicht. Sondern eher darum, wie Ypp, der im eigentlichen Sinne recht wenig ermittelt, sich seine Geschichten zusammenreimt, aus Wissen und Halbwissen und Assoziationen, und das eben bis an den Rand der Bösartigkeit, wenn das Wohl des Magens über alles geht, über Tier- und Artenschutz sowieso.
Überhaupt sind Bücher zu empfehlen, bei denen man schon nach einer Seite sicher weiß, dass sich der Autor keine unsäglichen Plattitüden erlauben wird, kein umständliches Beschreiben des Nichtigen, und dass Mord nicht unbedingt zum Krimi gehört wie die Fritten zu den Muscheln. Eine richtig schöne Sexszene (ohne Vollzug trotz chemischer Stärkung) gibt es auch noch, zwischen dem über 60jährigen Ypp und der knapp über 20jährigen Eurasierin, also was will man mehr. Ja, klar, mehr Bracharz natürlich und das nicht wieder erst in 16 Jahren.
dpr
Kurt Bracharz: Der zweitbeste Koch.
Haymon 2010. 177 Seiten. 17,90 €