Non Stop Party 1974

Ja super. Wenn einer dem deutschen Middle-of-the-Road-Publikum beigebracht hat, wie groovy eine E-Gitarre sein kann, dann James Last! Man höre nur mal den Anfang von „Non Stop Party 1974“. Ist das wirklich das Last-Orchester oder sind das Deep Purple? Ganz ehrlich! Ah, und hier steht´s auch endlich mal: „Produktion: James Last“. Lange hab ich gerätselt, ob der Ton-Ingenieur zugleich auch Produzent ist. Aber nein: seit ´64 hat Last einen Exklusiv-Vertrag mit der Polydor, und zwar als Produzent!

Na, den hat er ja gut investiert. Vorzugsweise in seine eigenen Platten. Die hier wird dann allerdings doch ein bisschen schlapp. Was war denn los 1974? Die Carpenters, Elton John, Suzie Quatro, Gilbert O´Sullivan, Ringo Starr und Sweet – ja, macht Ihr daraus mal ein flottes Package! Das ist auch schwer! Und am Ende dann doch ein bisschen zu geschmackvoll geraten.

Ob das wohl wehgetan hat – bei nur zwei Non Stop Party-Platten pro Jahr die besten Lieder aus zwölf Monaten rauszusortieren? Gut, zwei Tricks, um möglichst viele Songs auf die Platten draufzukriegen, hat er ja entwickelt: erstens seine Potpourris. Heisst: pro Track gut und gerne drei bis fünf Titel untergebracht. Und dann: die Reihe Non Stop Dancing. Das sind bestimmt noch mal zwei Platten pro Jahr. Und worin sollen die sich von den Non Stop Parties groß unterscheiden als im Namen? Clever!

Aber trotzdem wird ihm da doch manchmal das Herz geblutet haben, dem James Last. Auf dieser Platte hier ist zum Beispiel kein einziges Abba-Lied drauf. Ich seh ihn direkt vor mir, den Bandleader. Mit verzweifelt zusammengezogenen Brauen, den Kopf ermattet in die Hand gestützt – um dann am Ende doch die Münze zu werfen: „Waterloo“ oder „Knockin´ on heavens door“? Bekanntlich hat Dylan gewonnen.

Wenn ich mir das Cover so ansehe, ahne ich übrigens, wer in den Siebzigern der meistfotografierte Deutsche gewesen sein muss. Willy Brandt? Franz Beckenbauer? Nein. James Last! Erstens ist der auf fast jedem seiner Plattencover drauf. Und zweitens das dann oft noch mehrfach. Allein hier zähle ich neun James Last´s!

Aber wenn man die Platte länger hört, wird sie doch wieder ganz gut. Die Sweet-Sachen sind natürlich wie geschaffen für das James Last Orchester! Die schreien förmlich danach, noch ein paar saftige Beat-Gitarren und zehn Tambourin-Schläger zu kriegen. Und, ganz ehrlich, Gesang konnte man das ja nicht nennen, was Brian Connolly da angestellt hat. Wurde also auch Zeit, dass sich da mal der James Last Chor drüber her gemacht hat. Gibt´s eigentlich ´was, das nicht die Marke „James Last“ trägt? Ich hab gelesen, dass er seiner Band in der Nordheide sogar ein eigenes Erholungszentrum gebaut hat. Klingt gut, aber bestimmt wurden die da nur kaserniert, um sich nicht mit anderen Musikern austauschen zu können. Sonst hätten sie gemerkt, dass nicht alle Bands in Sträflingskostümen für alberne Plattencover posieren müssen…

Und noch was macht mir Sorgen: kann man unbeschadet durch die Pubertät kommen, wenn der eigene Vater sämtliche Lieblingsbands auf Platte covert und davon noch mehr verkauft als die Originale selber? Mal im Ernst: bei James Last ist doch von den Beatles über Deep Purple bis T. Rex alles drauf. Was bleibt denn da noch? Ich wette, Led Zeppelin hat er sich auch irgendwo vorgeknöpft. Hm. Black Sabbath vielleicht aber nicht. Und Velvet Underground auch nicht. „Sei artig, sonst kommt dein Lieblingssong auf meine nächste Platte drauf.“ Lief es eventuell so? „Solang Du deine Füße unter meinen Tisch stellst, sind deine Lieblingssongs auch meine Lieblingssongs!“ Wie schrecklich. Ich glaub, der Sohn von James Last ist bestimmt sehr früh ausgezogen. Das Lästigste war vermutlich, dass sich der Vater ständig seine Platten geborgt hat. Und die hat man dann zurückgekriegt als „Non Stop Party 170“. Oder als „Dylan a gogo“. Au backe. Vielleicht gibt´s deshalb so viele Non Stop Parties. Weil Last jr. so schwer zu bändigen war. Danke, Mann.