Lernen wir aus der Geschichte? Mag sein; aber nur, wenn wir sie kennen. Pieke Biermann kennt den Vormärz und sie kennt die Gegenwart. Beides verbindet sie in ihrer neuen Kriminalreportage „Lichtenrader Vormärz“, die uns erzählt, warum Berliner Partykids gar nicht so weit von Georg Büchner entfernt sind. Am Sonnabend, 29. September 2007 in DER TAGESSPIEGEL und im RBB-Inforadio 93,1 um 11:45 Uhr. Und wenn sich auch Geschichte nur manchmal wiederholt, Pieke Kriminalreportage wiederholt sich garantiert. Und zwar um 19:45 Uhr und in der folgenden Nacht um 0:45 und 05:45 Uhr. Podcast gibts auch. Fragt die Frau im Radio.
Was haben der Einbruch brutaler Gewalt in eine Schulfete im Jahr 2007 und ein kultur- und sozialrevolutionärer Aufbruch vor fast 200 Jahren miteinander zu tun? Was bedeutet es, wenn in der gutbürgerlich-sanften Vorstadt plötzlich die Art Gewaltexzess passiert, die angeblich in innerstädtische “Problem-Kieze” und ihren “Unterschichten” gehören?
In Lichtenrade am südlichen Rand von Berlin will eine Horde aus anderen Vierteln angereister Jungs mit Gewalt Zutritt zur Fete erzwingen. Party-Breaking ist eine neue Spielart der Jugendgruppengewalt. Als ein Vater dazwischengeht, schlagen sie ihn mit einer Gerüstbaustange fast tot. Er hatte sich als Polizist zu erkennen gegeben. Er ist das schwerste, aber nicht das einzige Opfer dieses Gewalteinbruchs. “Lichtenrade hat seine Unschuld verloren – jetzt kann es überall passieren”, fasst der Schulleiter den Schock zusammen.
“Den 19. Jänner ging etwas zu Bruch”, könnte man einen berühmten Anfangssatz paraphrasieren. LENZ. Von Georg Büchner. In der Georg-Büchner-Oberschule in Lichtenrade kommt nach dem 19. Januar 2007 aber auch etwas in Bewegung. Vormärz-Geist im 21. Jahrhundert vielleicht. Solidarität, soziale Verantwortung, Bürgertrotz. “Ich werd mich durch so ein Geschehen nicht aus meinem Ich drängen lassen”, fasst der schwer verletzte Polizist seine Haltung zusammen.