Wolfgang Burger: Die falsche Frau

burger.jpg Ein Heidelberger Polizeikrimi. Muss das sein? Wo sich Regionalität und Beamtentum paaren, da erblickt Langeweile das Licht der Welt. Verkauft sich natürlich gut, traurig genug, Autorinnen und Autoren nehmen aber in Kauf, sich in einem Panoptikum voller totformulierter Gemeinplätze zu bewegen. Überhaupt: Regiokrimi ist out (das Publikum hat es nur noch nicht gemerkt), Polizeikrimi ist out (die Schreiber derselben haben es nur noch nicht gemerkt). Da geht man mit einer gehörigen Dosis Skepsis an Wolfgang Burgers „Die falsche Frau“, wie in einen falschen Film sozusagen, aber bevor man sich mit Popcorn in den Schlummerzustand frisst, wird’s dann doch noch ein unterhaltsamer Abend.

Good old Heidelbörg befindet sich im Aufruhr. Der amerikanische Wirtschaftsminister, eine sinistre Type, geldgeil, machtbesessen, im wahrsten Sinne des Wortes über Leichen gehend, wird erwartet, Sicherheitsmaßnahmen der höchsten Stufe sind erforderlich, die Polizei rotiert, auch Kripochef Alexander Gerlach. Der schläft nicht nur mit der Frau seines Chefs, er hat auch zwei pubertierende, altkluge Zwillingsmädchen sowie eine neue Bürogenossin, die fanatische Profilerin Helena Guballa, die seit Jahren einer Terroristin habhaft werden will und davon überzeugt ist, diese plane einen Anschlag auf den Minister. Als dann ein Haus abbrennt und man zwei Leichen darin findet, konkretisiert sich der Verdacht. Die Heidelberger Linksalternativszene gerät ins Visier der Ermittlungen, Islamisten melden sich zu Wort, Gerlachs Zwillinge nerven mit existentiellen Fragen, auch liebesmäßig gerät unser Held bald in die Zwickmühle. Die Dinge spitzen sich zu und, oh Wunder, steuern ungebremst ins große dramatische Finale.

Ein hübsch turbulenter Stoff, den Burger dramaturgisch fein auf den Weg bringt. Gleich zu Beginn erfahren wir, wie die Geschichte enden wird: Gerlach erschießt eine Frau, aber welche? Die titelgebende „falsche“? Dies im Hinterkopf, liest man die Story beinahe wie unter Dauer-Suspense. Man weiß etwas, das der Held nicht weiß, aber was genau das ist, weiß man Gott sei Dank nicht. Burger nutzt die Gelegenheit natürlich auch, seine Geschichte mit allerlei aktuellen politischen Stichworten zu durchsetzen. Globale finstere Machenschaften, Terroristen und gesellschaftliche Aussteiger, Demonstranten und gestresste Bullen, die Frage, wie einer damit klarkommt, einen offensichtlichen Megaverbrecher schützen zu müssen, auf dass dieser weiterhin Unheil anrichten kann.

An diesem Punkt schafft es Burger, das unvermeidliche Privatleben seines Protagonisten mit der eigentlichen Geschichte zu verzahnen, einer Geschichte, die sich in ihrer Entwicklung am Fortschreiten der polizeilichen Ermittlungen orientiert, von viel Kleinarbeit geprägt. So entsteht ein zwar weder formal noch inhaltlich besonders überraschender, doch grundsolider Polizeiroman mit einem schlüssigen Ende, entfernt an Sjöwall / Wahlöös „Die Terroristen“ erinnernd, wenn auch ohne dessen besonderen Esprit. Lesenswert ist „Die falsche Frau“ allemal, will sagen: Wer deutsche Polizeikrimis ohne biederen Klamauk mag, wird hier gut versorgt.

Wolfgang Burger: Die falsche Frau. 
Piper 2012. 347 Seiten. 9,99 €

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