Das Leben ist unpraktisch. Ich stehe an meinem Auto, nach vollendeter Spätschicht, und klaube mühsam die Thermoplane von meiner Windschutzscheibe. Denn es friert gar sehr. Aber wenn ich dann in fünf Minuten zu Hause bin, muss ich sie wieder drauf machen. Denn die Nacht fängt gerade erst an. Für fünf Minuten Fahrt die Silberplane runtermachen? Bin ich bekloppt? Ist das noch ökonomisch? Eigentlich kenn ich den Weg ziemlich gut… Hach, die Vernunft siegt. Wenn es erlaubt wäre, würde man ja ab und zu mal Leute fahren sehen, mit silberner Thermomatte auf der Windschutzscheibe. Oder mit diesen blauen Plastikschutzhüllen, die übers ganze Auto drübergehen. Das würde viele Autos auch viel schicker aussehen lassen, im Straßenverkehr. Ganz zu schweigen von den Fahrern, die nicht mehr zu sehen sind. Hach, *träum*…
Aber das passt ja gut zu den anderen Seltsamkeiten des Lebens. Zum Beispiel zu den Kinderliedern, die mein Sohn zuhause hört. „Trarira, der Sommer, der ist da.“ Soweit, so gut. „Wir gehen in den Garten, wir wolln des Sommers warten“ – ? Wirklich vorbildlich, dass Kinder hier einen herrlichen Genitiv lernen. Aber wieso wird erst gesagt „der Sommer ist da“ und dann wird des Sommers gewartet? Damit wären wir beim nächsten Grübelstoff: „Winter adé, Scheiden tut weh. Aber dein Scheiden macht, das mir das Herze lacht.“ Wie denn nun? Tut Scheiden jetzt weh oder macht es das Herz lachen? Naja. Was soll man von einer Welt erwarten, in der Vader Abraham die Schlümpfe erst fragt „Soll ich Euch ein Lied beibringen?“ (was die Schlümpfe heftigst beschlumpfen), um dann zu verkünden: „Der Flötenschlumpf fängt an!“ Wieso kann denn der Flötenschlumpf schon die Melodie? Seufzseufzseufz.
Freudigerweise bin ich aber heute endlich dazu gekommen, mal in eine kleine Werbezeitschrift reinzugucken. Sie stammt aus einer schwedischen Bekleidungskette, deren Klamotten sich aufs Beste vertragen mit dem Schmuck meines Weihnachtsbaums aus einem schwedischen Möbelhaus. Auf Silvester will mich die Zeitschrift einstimmen. Und da entdecke ich auch schon ein Füllhorn von Partytipps! Tipps, nicht Dips. Starköche, Art-Direktoren und Clubpromis (das steht hier wirklich so!) werfen ein paar Kreativ-Brosamen ab, für Otto Normalgastgeber. Und die Brosamen sind so kreativ, dass ich die Leute erstmal gegoogelt hab; in der Ahnung, dass sie alle komplett erfunden sind und die Tipps in Wahrheit von sich die Haare raufenden Lohnschreibern stammen. – was ich immer noch nicht ganz ausschließen will, obwohl ich die Leute tatsächlich im Netz gefunden habe. Jetzt aber. Hier kommen meine zitierten Lieblingstipps für Partygastgeber:
- „Kaufen Sie einen kleinen Miniatur-Gartenbrunnen und stellen Sie ihn in eine Schüssel mit Margarita. Wetten, dass Ihren Gästen der Margaritabrunnen gefällt?
- „Laden Sie mindestens eine schillernde Persönlichkeit ein, die die Menge begeistern kann.“
- „Damit sich die Gäste an Ihre Party erinnern, geben Sie ihnen etwas mit: vielleicht eine Tüte voll selbstgemachtem Popcorn mit eigener Gewürzkreation.“
Meine Rundmail geht schon raus: „Frl. Katja möchte die Einladung zurückrufen“.
Einladung widerrufen? Mist, auf den Margaritabrunnen war ich so gespannt. Hatte schon meinen Paillettenanzug rausgehängt (von wegen schillernde Persönlichkeit).