Rawk’n’Rooooollll. Das Trio um Brian-Adams-Sound-Alike Sänger Kelly Jones läßt mit der ersten Nummer keinen Zweifel an ihrer Gitarren-Integrität. Im Vergleich zum kanadischen Chartsabräumer haben Stereophonics kein Kiss meets Smokie-Klau mit Sporty-Spice nötig um einen Siebziger Schmock-Rock Song rauszuhauen. Der Unterschied ist, daß die Engländer keine Top-Ten-Garantie durch ihren Bekanntheitsgrad inne haben. Was den Mangel an Popularität angeht, könnten sich die drei durch eifriges Herzschmerz-Drama mit Sehnsuchtsfaktor-Melodien gepaart, so zum Beispiel „Hurry Up and Wait“, als nächster Anwärter auf einen neuen Robin-Hood-Soundtrack wärmstens empfehlen.
Obwohl die Produktion sehr sauber klingt machen die Jungs mehr her als eine alternde, unzornige Variante einer Rotzlöffel-Band. Man könnte Stereophonics als domestizierte Ausgabe von Heavy Stereo ausgeben. Beide Bands haben Hitpotential, doch wo Heavy Stereo mit Dreckigkeit Glam und Selbst-Ironie charmant sind, nehmen sich die Stereophonics ganz und gar ernst. Irgendwo sind sie dann wie Embrace ohne Streicherpomp. Wäre es allzu vermessen zu schreiben, daß Cheryl Crow-Fans auch mit „Performance And Cocktails“ zumindest liebäugeln können? Ich denke, Brian Adams wird mir verzeihen.
Die Texte sind meist persönlicher Natur, entweder verpackt als fiktive Geschichte, die wie in „She Takes Her Clothes Off“ oder „The Bartender And The Thief“ als Platzhalter für allgemeine menschliche Schicksale fungieren können, oder als Introspektive, wie bei „Just Looking“. Jedenfalls besitzen die Lyrics eine recht gegenständliche Natur und sind so intelligent geschrieben, daß der Refrain niemals platt wirkt, aber erinnerungswürdig genug um direkt mitgesungen zu werden. Also doch Hitpotential!
Jedenfalls würde ich mir nach „Hard Look Woman“ ein anderes Kiss-Stück aussuchen und dann nach einer richtigen Sängerin, wie der von Saint Etienne, Ausschau halten.
Stereophonics: Performance And Cocktails (V2)