Honkong-Perlen, aufpoliert

Manche Kinobilder brennen sich ein – etwa wenn man als Pubertierender im dörflichen Kino einen Trailer (was damals noch Vorfilm hieß) zu einem Film wie „Die fliegenden Guillotinen“ sah: Schnurrbärtige Asiaten werfen darbenden Bauern ein merkwürdiges Gebilde auf den Kopf, das wie Omas Sonntagshut aussieht – und Sekunden später stolpern die Landwirte kopflos durch die blutbespritzte Steppe. Typisch für die Filme des legendären Hongkonger Shaw Brothers-Studios.

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Kelly Family: Homerun

Vorurteile sind hässlich. Nicht selten begegnen sie Popstars mit einer jungen Gefolgschaft, die die musikalische Pubertät hinter sich lassen wollen. Die Friedhöfe der Popmusik sind randvoll mit Teenie-Acts, die erwachsen werden wollen und an der Abkehr des Stammpublikums scheitern. Die New Kids On The Block landeten ebenso auf dem Bauch und in der Ramschkiste wie die Backstreet Boys.

In den 90ern hat es George Michael geschafft, einst Wham-Schönling, heute die graue Eminenz gepflegten Besserverdiener-Pops. Aber auch er nannte ein Album nicht ohne Grund „Listen Without Prejudice“ – dieses Zuhören ohne Vor-urteile wünscht sich auch die Kelly Family. „Homerun“ nennt sich ihr Doppel-Album, dessen Cover-Art die neue Reife signalisieren will: dunkle Bilder aus dem Studio, wo komponiert und hart gearbeitet wird. Die Band bemüht sich um Vielseitigkeit: Folk-Pop, Reggae, Rock, Gospel und ein bisschen Rap. Originell wird es aber nicht, und eine Ballade wie „Street Kid (Gucci Shit)“ geht in ihrer moralisierenden Banalität zügig an die Nerven.

Weit spannender ist die Frage, ob die Band ihr Altkleidersammlungs-Image verändern kann. Das könnte, wenn überhaupt, höchstens mit einem genialen Album gelingen, das „Homerun“ nicht ist.

Kelly Family
Homerun
Polydor/Universal