Calexico: Service & Repair

Es geht auch ohne schmetternde Trompeten und klirrende Castagnetten: „Service & Repair“ war der Überraschungs-Track auf „Hot Rail“, dem zweiten Calexico-Longplay. Eine schlichte, fast reduzierte Folk-Ballade. Spröde und verhuscht präsentiert, mit Schrammelgitarren und abwesend genuschelten Lyrics, die fast nicht gegen die polternden und scheppernden Percussions im Hintergrund ankommen. Überstrahlt wird all dies von einer bezaubernden, poetischen Melodie und zarter Pedal Steel Guitar. Gold im Herzen, mit einer Schale aus Understatement.

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Schniff

Zum Tod von Carl Barks

Der Name klingt selbst, wie von Disney ausgedacht. Und blieb immer eine Art Geheimkürzel. Vieles schwingt unausgesprochen mit: Donald Duck, die unverkennbare Handschrift, die lange Anonymität, der späte Ruhm, die teuren Ölbilder und viel, viel Ehrfurcht. Will man erwachsenen Comic-Fans einen Ausdruck infantiler Bewunderung ins Gesicht hexen, reichen zwei Worte: Carl Barks. Ein Mythos, der durchaus auf die Anhängerschaft zurückstrahlt: sie waren es, die intuitiv Unterschiede zwischen den Zeichenstilen der Duck-Comics ausmachten. Mangels Namensnennung blieb Barks lange schlicht „der gute Zeichner“. Dass er dem gleichmacherischen Disney-Etikett entrissen wurde, war das Verdienst der Fans. Umgekehrt gab Barks den Lesern Gelegenheit, sich ihrer selbst zu vergewissern.

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Barenaked Ladies: Pinch me

Mit den Barenaked Ladies lässt sich´s entspannen. „Pinch me“ ist ein hübscher, kleiner Mid-Tempo-Song mit locker gezupften Akustik-Gitarren, plüschigem Casio und lässigem Groove. Unspektakulär, aber tricky. Auch, weil sich der Chorus mit schöner Regelmäßigkeit wie eine riesige, schmeichelnde Blüte entfaltet. Ungwohnte Töne von den als schräge Spaßtruppe verschrienen Kanadiern. Mal sehen, wie lang die Atempause dauert.

Barenaked Ladies: Pinch me SCD
(Reprise Records)

Station Rose: Au ciel

Station Rose machen´s einem nicht leicht. Mit „Elektro-Pop“ ist die Musik des Wiener Duos zwar kategorisiert, im Grunde ist aber noch gar nichts gesagt. Vor allem, weil die stilistische Bandbreite der beiden jeden Rahmen sprengt. Von der strengen Reduktion bis hin zum verspieltem, überbordenden Kitsch findet sich auf „Au ciel“ einfach alles. Trip Hop, Drum&Bass, anarchistische Klangkunst, karge, labyrinthische Space-Trips mit verfremdeten Frauenstimmen… Stets mit Groove und Beats, aber auch mit kitzeligen Geräuschen, Sirenen oder sperrigem Noise, selten mit weichem Moog. Und so schnell, wie sich auftauchte, ist die spirrelige Melodie-Linie über den scheppernden Bässen auch schon wieder weg.

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Interview: Sasha

Sasha ist ein Phänomen. Ein Bravo-Liebling, der auch bei „Zimmer frei“ oder Harald Schmidt einen guten (und vor allem: intelligenten) Eindruck macht. Ein Teeniestar, dessen Musik ganz ohne uffza-uffza-uffza-Rhythmen auskommt. Grund genug für unsere Fachfrau für Charts-Fragen, mit Sasha ein Telefongespräch über das Wesen des Pop, Brusthaare und singende Schauspieler zu führen.

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Brazilectro – Latin flavoured Club Tunes

Dass eine Compilation mit dem Titel „Brazilectro“ versucht, auf einen fahrenden Zug aufzuspringen, ist klar. Doch die Idee, einem brasilianischem DJ die Auswahl zu überlassen, klingt nach Authentizität, nach Kompetenz und rotem Faden. Was tun aber, wenn der Mann nur laue Lüftchen zusammenträgt, die lustig durcheinandergewirbelt auf zwei CDs gezogen werden und den Hörer mehr verwirren als weiterbringen? Ein Konzept gibt es auf diesem Sampler nicht, der schwammige Untertitel „Latin flavoured Club Tunes“ hätte es eigentlich schon vermuten lassen können…

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David Benoit: Here’s to you, Charlie Brown: 50 Great Years!

Zeichentrick und Jazz, das ist ungefähr wie ein Comicfan, der lesen kann. Um mal das Klischee zu bedienen… Viele Peanuts-Fans werden wahrscheinlich sagen: „Jazz? Mag ich nicht. Kenn ich auch gar nicht.“ „Doch“, muss man dann entgegnen, „das ist der pfiffige Sound, der in den Fernsehfolgen drunterlegt. Das ist Swing.“ Das ist das, was diese Serie so angenehm von anderen unterschied, unter anderem… Das hatte was, das war irgendwie – sophisticated. Und weil auch Jazzer Peanuts-Fans sein können, hat der amerikanische Pianist David Benoit eine komplette Peanuts-CD eingespielt. Schon Anfang der 80er hat er für die Folge „The great Inventors“ aus der Reihe „This is America, Charlie Brown“ die Musik komponiert, und Peanuts-Fan ist er im Übrigen seit Mitte der 60er. Charles M. Schulz hat das fertige Album noch gehört, bevor er im Monat darauf gestorben ist. Was eigentlich ein fröhlicher Tribut werden sollte, ist jetzt eine wehmütige Hommage.

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Tocotronic: KOOK Variationen

Ein Remix-Album ist ja im Grunde ein Ritterschlag. Und viel besser als die üblichen Tribute-CDs, für die man entweder schon tot oder unverschuldet in finanzielle Nöte geraten sein muss. Ein Tocotronic-Remix-Album verspricht darüber hinaus interessant zu werden, weil hier eine satte Rockband elektronisch aufbereitet wird, zumal durch eine ganze Riege von deutschen Freestylern, die in ihrer Kategorie genauso innovativ am Werk sind wie die „Tocos“. Innovativ und abseits des Mainstreams, versteht sich.

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Sampler: Caroline Now!

Brian Wilson, ist das nicht…? Beach Boys, Surf-Sound, Mädels und Autos, genial und gaga, Sand unterm Piano, Musiker in Feuerwehrkluft… Ja, aber nicht nur. Brian Wilson ist vor allem ein Magier des Pop, sein Oeuvre eine einzige legale Droge. Und so umfangreich, dass mühelos ein üppiges Tribute-Album mit unbekannteren, zum Teil auch unveröffentlichten Songs des Amerikaners bestückt werden kann.

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Le P´tit Jezu: Le P´tit Jezu

Die Antwort auf die Frage nach dem Stil kommt wie aus der Pistole geschossen: „Le chanson francais néoréaliste“. Le P´tit Jezu aus Metz wissen, wo sie stehen. Die scharf geschnittenen Gerüste ihrer Songs lassen sie hinter milchgläsernem Lo-Fi-Sound verschwimmen, und unwiderstehliche Hooks kombinieren sie grundsätzlich mit spröden, sparsamen Arrangements. Es ist eine Gratwanderung zwischen Artistik und Leichfüßigkeit, und sie funktioniert! Nicht zuletzt dank einer Rhythmik, die nicht im Hintergrund zu pulsiert, sondern ein interessantes Eigenleben führt.

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Richard Ashcroft: Alone with Everybody

Richard Ashcroft ist ein ganz Großer. So groß, dass auch ein mittelprächtiges Solo-Debütalbum kaum Kratzer an seiner Reputation hinterlassen wird. Schade, denkt man schon nach wenigen Minuten, spätestens aber beim zweiten Take, dass dem Durchschnitt von der Musikpresse so breiter Raum eingeräumt wird, während Bands wie Jack Ashcroft in derselben Disziplin locker an die Wand spielen. Leider unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

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Gallery: Blue

„Blue“ in der Original-Version von Eiffel 65 war schon peinlich genug. Als Melodiccore-Elektronik-Stück wird´s nicht unbedingt besser. Man sollte vielleicht nicht rausposaunen, dass diesmal Deutsche am Werk waren. Um mit grässlichem Akzent und bar jeder Inspiration einen Song zu Tode zu daddeln, der noch nie einer war.

Gallery: Blue
(Virtual Records)

Miles: Miles

Was macht denn die fränkische Indie-Hoffnung auf ihrem neuen Album? Ich hätte viel von den vier Würzburgern erwartet, aber die Hinwendung zum Breitwand-Pop ist eine echte Überraschung. Abba spielt die größten Hits der Pet Shop Boys – so könnte man das schlicht „Miles“ betitelte Album auf einen Nenner bringen. Pop-Musik im großen Stil, weg von den Alternativ-Gitarren, hin zu Fender Rhodes und Moog Synthesizer. Weißer Frack statt Jeans.

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Bananafishbones: Glam

Der Wille zum Ohrwurm klingt aus jeder Note. Doch trotz des lässigen Swings, trotz Schrammelgitarren und Moog bleibt „Glam“ als Popsong allzu flach. Außerdem hören sich Bananfishbones erschreckend stark nach Schülerband an. Mehr als nötig jedenfalls. Weniger Koketterie täte es auch…

Bananafishbones: Glam
(Bonanza/Polydor/Universal)

Jimi Tenor: Out Of Nowhere

Wenn es Pop-Jounalisten mit Musik ohne Songstrukturen zu tun kriegen, reden sie schnell von Filmmusik. Das neue Album von Jimi Tenor wird eine Invasion des Wörtchens „Filmmusik“ auslösen, denn eine klare Schublade für „Out of nowhere“ gibt es nicht. Bislang galt der eigenbrötlerische Finne als Elektroniker, seine Debüt gab er noch mit Dancefloor und Clubmusic, das letzte Werk war ein groovender Stilmix, und das neueste Lebenszeichen ist schlicht Freestyle. Elektronik, Black Music, Jazz, Ethno und E-Musik sind die Gebiete, die Tenor hier erforscht und zusammenführt.

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Tocotronic vs. Console: Freiburg V3.0

Die Spezialität von Tocotronic besteht darin, schluffige, laute und oft irgendwie zerrende Gitarrenmusik zu machen. Für ihre Melodien würden zwei oder drei Notenlinien vollkommen ausreichen. Popmäßig simpel und hymnisch sind sie, vor allem aber apathisch. Denn Tocotronic sind die Meister des Midtempo-Rocks. Der Gesang ist klagend, monoton und meistens am Rande des Ausdruckslosen. Als Slacker wurde das Hamburger Trio mal bezeichnet, in Wahrheit aber unterwandert es den Rock durch gezieltes Understatement und gibt ihm durch seine Teilnahmslosigkeit die Leidenschaft zurück. Die Riff-Folgen haben die Einfachheit eines Status Quo-Songs und die Melancholie eines Leonard Cohen. Pathos und Charme sind ein anderes Thema, die Texte auch – eine normale Rockband sind Tocotronic jedenfalls nicht.

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