Realismus und Magie – Ein Nachruf auf Morris

Dass ich nicht der einzige Lucky Luke-Fan war, merkte ich in der fünften Klasse. Als wir uns im Englisch-Unterricht englische Namen geben sollten, nannte sich ein Klassenkamerad fortan „Averell“.

Morris – das ist für die meisten einfach „Lucky Luke“. Auch für mich. Ich besorgte mir die Hefte stapelweise aus der Bücherei. Keine Ahnung, wie sehr der dünne Cowboy mein Männerbild prägte. Denn klar: er war einfach ein Traummann. Verantwortungsbewusst, gelassen und attraktiv. Immer auf der Seite der Guten. Sportlich. Eben schneller als sein eigener Schatten. Wie oft hab ich vor dem Spiegel geübt…

Weiterlesen

Andreas: Capricorne – Das Objekt

Irgendwie scheint es nichts Neues mehr unter dem Comic-Himmel zu geben und das in einer Zeit wo die Kunstszene in allen erdenklichen Formen wuchert und die seltsamsten Triebe zeigt. Tief im Dekor und im Geist der 80er ist ‚Capricorne‘ steckengeblieben: Hochgradig postmodern: harmonisch zusammengefügte Zeitzitate wie Zeppeline und mittelalterliche Bibliotheken, Chicago 1925 mit Gangstern in schwarzen Anzügen und Orwellschem Überwachungsstaat. Ausgeführt wird das Szenario im Stil von Moebius und bringt als Plot einen geheimnisvollen Fremden – Capricorne – der im endzeit-winterlichen New York in die Suche nach einem mysteriösen Objekt verstrickt wird. Einziges Manko: Gegenwärtiger Zeitpunkt 1998, wo das alles nicht mehr sooo originell wirkt.

Andreas
CAPRICORNE - Das Objekt
Carlsen 18,90 DM
ISBN 3-551-73351-1

Das letzte Huba – Zum Tod von Franquin

Franquin ist tot. Der Vater von Fantasio, Gaston und Marsupilami hat uns verlassen – und einen zweiten findst du nimmermehr. Keinen der so elegant die Tusche fließen läßt, keinen der so trefflich die Feder schwingt. Von wem hat man das noch gesagt: Meister der lebendigen Linie? Picasso? Ah der!

Wohl gibt es Adepten, Schüler… allein, das Wasser konnt ihm keiner reichen. Hier wirkt eine Faust zu sperrig, da eine vorwitzige Haarsträhne zu wenig vorwitzig, und die Knie schließlich in all ihrer elastischen Spannung hat schon gar keiner der zahllosen Nachmacher hingekriegt – und ich muß gestehen, auch ich war einst ein solcher.

Weiterlesen

Zum Tod von Hugo Pratt

Corto Maltese, Abenteurer und Kapitän ohne Schiff, der vielleicht poetischste, sicherlich aber geheimnisvollste Held der Comic-Literatur, ist in seinen Bestimmungshafen eingelaufen – am 20. August starb der Autor und Zeichner Hugo Pratt im Alter von 68 Jahren in der Pully-Klinik von Lausanne.

Weiterlesen