Herbert Dutzler: Letzter Kirtag

dutzler.jpg Nach einer Reihe eher unlustiger, dafür aber bekömmlicher Bücher sollte es diesmal etwas Leichtes sein. Weg vom amerikanischen Noir, hin zum österreichischen Schmäh. Während des Kirchweihfestes, titelgebend „Kirtag“ genannt, wird in Altaussee ein Mann erstochen. Gendarm Gasperlmaier, der den Toten entdeckt hat, macht sogleich einen schweren Fehler und schafft die Leiche aus dem Festzelt ins Pissoir, denn auch im Lande der Lederhosen und Dirndl muss die Show weitergehen, sprich der Gerstensaft ungestört von polizeilichen Ermittlungen fließen.

Bereits nach wenigen Seiten ist die Richtung dieses Romans also klar. Ein Tölpel von Polizist mäandert durch eine launige Geschichte, allerhand folkloristisches Personal in mehr oder weniger grenzdebilem Zustand wird den Weg der Lesenden kreuzen, es wird nicht bei einem Mord bleiben, eine Auflösung ist garantiert und Gasperlmaier eine sichere Serienfigur.
Überhaupt dieser Gasperlmaier. Ja doch, er ist ein Tölpel, der, das Wortspiel sei gestattet, in Altaussee ziemlich alt aussieht. Seiner Chefin, der Frau Doktor, schaut er mit schlechtem Gewissen und halblüstern in den Ausschnitt, seine Gemahlin zieht ihn aber immer wieder auf den Boden der praktischen Vernunft zurück. Im Ausseer Land wird heftig gemauselt, die Presse ist aggressiv und die Verdächtigen sind äußerst verdächtig, immer wieder schweift Gasperlmaier gedanklich ab, immer wieder kommen ihm offenherzige Damen in die Quere, aber das Bier und die Wurst schmecken trotzdem. Wie klingt das? Wie arschverkniffener deutscher Krimistandardhumor, wenn die Idiotisierung des Protagonisten nur noch dazu dient, die Idiotisierung des Lesepublikums voranzutreiben. Aber vor diesem Verdacht muss man den Autor Dotzler in Schutz nehmen: Sein Gasperlmaier agiert zwar als komische, durchaus aber nicht als lächerliche Figur. Und hinter all den heiteren Episoden versteckt sich eher Trauriges, die allmähliche Vervolkstümlichung einer Kulturlandschaft zum Beispiel oder die Brüchigkeit von Familienverhältnissen.

Womit aber des Tiefsinnigen schon genug wäre. Dutzler hat einen unterhaltsamen Krimi geschrieben, mit der üblichen Ladung Fragezeichen ausgestattet, einen „Ermittlerthriller“, der eher tragisch endet, aber nicht hoffnungslos. Sprachlich gibt es nichts zu beanstanden, es sei denn, man ist für das Kurze und Knappe, aber dann ist man beim Österreichkrimi eh auf der falschen Veranstaltung. Alle anderen können sich ins große Festzelt setzen, ihr Quantum Krimi genießen und hernach wieder zu ernsthafterer Kriminalliteratur zurückwanken. Muss auch mal sein.

dpr

Herbert Dutzler: Letzter Kirtag. Ein Altaussee-Krimi. 
Haymon 2011. 262 Seiten. 9,95 €

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