Vor fast 30 Jahren war Scott Walker mit den Walker Brothers ein weltweit gefeierter Teenie-Pop-Star. Vor mehr als 10 Jahren erschien seine letzte Solo-LP „Climate of hunter“, die – wie er selbst scherzhaft meinte – schlechtestverkaufte Platte in der Geschichte der Plattenindustrie.
Seine neue CD „Tilt“ treibt die Nicht- Kommerzialität jetzt noch einen – oder zwei – Schritte weiter. Alles, was dem Zuhörer den Zugang erleichtern könnte, fehlt hier: keine eingängigen Melodien oder eindeutigen Geschichten mehr, kein durchgängiges Klangbild. Stattdessen wirft er seine Hörer in ein Wechselbad von Klängen, abrupten Dynamikwechsel, pendelt zwischen bedrohlichen Percussionsounds und großen Streicherarrangements hin und her.
Die musikalische Welt, die Walker auf „Tilt“ entwirft, ist eine durchgehend dunkle, düstere, in der er dem Zuhörer nicht einmal die beruhigende Vertrautheit klassischer Songstrukturen läßt.
Auch die Texte bleiben selbst nach mehrmaligem Hören oder Lesen rätselhaft. Einsamkeit, Verzweiflung, auch konkretes wie Krieg, Folter oder Naziterror sind erkennbare Elemente in Walkers Texten, die sich jedoch hartnäckig intensiverer Interpretation verweigern.
„Tilt“ ist ein schwer verdaulicher Brocken – verstörend, düster und rätselhaft. Eine Platte, die sich nicht beim ersten Hören erschließt. Ein Meisterwerk auf das man sich einlassen muß.
Scott Walker: Tilt
(Fontana/Mercury)