Den großen Kinderspielplatz ‚Tonstudio‘ betreten wir hier mit Tom Rowlands und Ed Simmons, die als Dust Brothers das, was jetzt als ‚TripHop‘ groß rauskommt, mit erarbeitet haben. Doch Staub ist eine begrenzte Metapher, Chemie dagegen ein ganzes Universum; also war es Zeit für die Namensänderung.
Auf ‚Exit Planet Dust‘ sind die Brüder bei Freistil-Electro angekommen, und der klingt exzellent. Getragen werden die Stücke von Bass-Linien, die mal von Dub, mal von Acid kommen, aber auch ins trocken-verzerrte wechseln. Um diese Bass-Linien bauen die Chemical Brothers dann Melodie- und Soundmuster, die in allen Farben leuchten. Um ihren Kern herum löst sich diese Musik immer wieder selbst auf, nimmt sich aber aus genau diesem Prozeß neue Ideen, die weitertragen. Erreicht wird so extreme Tanzbarkeit auf dem Platz, der von der Dub- Rutschbahn, dem Techno-Kletterbogen, der Funk-Wippe und dem Instrumental-HipHop- Fliegenpilz markiert ist.
Gegen Ende zeigen die beiden, daß das Erhabene und Schöne zum Entspannen noch herhalten kann. ‚One Too Many Mornings‘ ist schönster Kitsch mit 4AD-Vokal-Sample, und bei ‚Life Is Sweet‘ darf der süße Tim Burgess von den Charlatans ganz süß singen – mit den Chemical Brothers wird dann sexy Musik daraus.
Falls jetzt nur Clubleute und Hip Hop-Köpfe aufmerksam geworden sind, so sollte ich erwähnen, daß die Tracks hier mit einer abgefuckt-lässigen Haltung produziert worden sind, die an die Großen des Gitarren-Low-Fi (Stereolab, Pavement) erinnert. Bunter Spielplatz, ungepflegt.
The Chemical Brothers: Exit Planet Dust
(Junior Boys Own) [8-95]