„Der Übergang des DJs vom Plattenaufleger zum Musiker steht im Mittelpunkt dieses Buches“ heißt es im Vorwort zu dem Buch „DJ-Culture“. Über zwei Jahre hat der Münchener Pop- Wissenschaftler Ulf Poschardt an der Kulturgeschichte des DeeJays geschrieben. Poschardts Geschichte über die DJ-Kultur ist eine wissenschaftliche Untersuchung und als philologische Promotionsarbeit angelegt.
Der 28jährige Münchener Musikjournalist beschäftigt sich schon seit einigen Jahren mit Poptheorien, als „Reserve-DJ“ arbeitete er zudem in verschiedenen Münchener Clubs.
Der DJ-Begriff geistert seit geraumer Zeit auch durch die Feuilleton-Seiten der renomierten Zeitungen und Magazine. Spätestens seit Sven Väth wurde auch hierzulande die Entwicklung des DJs zum universellen Popmusiker- und Popkünstler registriert.
Ulf Poschardts geht in seinem Buch wissenschaftlich exakt vor. Begriffe werden erläutert, die Quellenlage („gut recherchierte Popgeschichten von Greil Marcus, David Toop, …“ und eine „Unzahl von Büchern- und Zeitschriftenartikeln“) wird analysiert, die Untersuchung wird in eine wissenschaftliche Theorie eingebettet. Die Geschichte der DJ-Culture ist die Geschichte von Rock’n’Roll, Soul, Funk, Disco, Hip Hop, House, Acid, Techno usw., also auch die Geschichte von Rassenkonflikten, von Kommerzialisierung und von RESPECT.
Respect ist das Schlüsselwort in der schwarzen Musikgeschichte (spätestens seit Aretha Franklins „Respect“) und auch eines der Schlüsselwörter in Poschardts Buch. Über die Hälfte der 425 Buchseiten handelt von der Geschichte des DJs. Disco, Hip-Hop, House, Dancefloor werden in einzelnen Kapiteln durchleuchtet und die wichtigsten DJs und deren Musk vorgestellt.
Poschardts Untersuchung ist, zumindest auf dem deutschsprachigen Musikbuchmarkt, bisher das einzige Buch, das sich in solcher Ausführlichkeit der DJ-Kultur und ihren Ausprägungen in den unterschiedlichen Musikstilen widmet. Beim Lesen stören mit der Zeit allerdings die endlosen Quellennachweise und Zitate. Sicherlich wird der Münchener Pop- Journalist so zwar dem wissenschaftlichen Anspruch einer Promotionsarbeit gerecht, der „normale“ Musikfan, der gerne Musikbüchr liest, ist jedoch nur selten an exakten Zitathinweisen interessiert. Das ausführliche Literaturverzeichnis am Ende ermöglicht das genaue Auffinden der zitierten Bücher.
Eine wichtige Literaturgrundlage von „DJ-Culture“ ist David Toops mehr als wichtiges Buch „Rap Attack“, der kam übrigens auch noch ohne übertriebenes Zitieren aus. Trotzdem ist die Recherchearbeit von Poschardt erstaunlich und das Lesen seiner Doktorarbeit über die DJ-Kultur bereitet über weite Strecken Vergnügen.
Die Theoretische Einordnung des DJ in seinen soziokulturellen Kontext wird in dem Buch natürlich auch noch ausführlich vorgenommen. Im letzten Kapitel widmet sich der Popforscher auf 70 Seiten dem „Versuch einer Theorie“. Marx, Engels und Hegel werden zitiert und die Theorie der Idee wird diskutiert. Interessant zu lesen ist auch dieses Kapitel, wirklich interessant ist allerdings vor allem der geschichtliche Teil des Buches. Was leider fehlt ist eine Diskografie.
Ulf Poschardt: "DJ-Culture" (Rogner und Bernhard bei Zweitausendeins) 35,-DM.