Es gibt wenige Filme, denen es gelingt, die spezifische Spannung und Atmosphäre eines Buches auf die Leinwand zu übertragen – „L.A. Confidential“ ist einer davon. Vorlage für den Streifen ist der gleichnamige Roman von James Ellroy, der 1990 in den Staaten erschien. Ein Jahr später kam er in Deutschland unter dem Namen „Stadt der Teufel“ bei Ullstein heraus. Einen 534-Seiten-Roman muß man natürlich für die Leinwand kürzen, aber da fangen die Probleme meist schon an. Was ist für den Charakter einer Geschichte wesentlich, was darf fehlen?
Die Drehbuchschreiber für „L.A. Confidential“ haben jedenfalls genau die richtige Wahl getroffen. Regisseur Curtis Hanson (u.a. „Die Hand an der Wiege“, „Todfeinde“) zeigt uns das eigentliche Gerüst des Ellroyschen Werkes: drei Männer und ihr Kampf mit ihren Obsessionen.
Der Film konzentriert sich ganz auf die Geschichte der Polizeibeamten Bud White, Ed Exley und Jack Vincennes, deren Schicksale immer enger mit dem Geflecht aus Politik, Business und organisiertem Verbrechen im Los Angeles des Jahres 1952 verknüpft werden. Keiner der drei ist das, was man einen Hollywod-Helden nennen könnte: White ist ein etwas tumber, kräftiger Zivilbeamter, der Gewalt gegen Frauen verabscheut und Männer, die ihre Frauen prügeln, seinerseits brutal zusammenschlägt oder im Extremfall einfach erschießt. Vincennes arbeitet im Drogendezernat und nutzt seine guten Kontakte zur Presse und zum Filmbusiness, um sich seine edlen Anzüge und seinen für Polizeiverhältnisse exquisiten Lebenstil wenn nötig auch auf illegalem Wege zu finanzieren. Und Exley, der Sohn eines ermordeten ranghohen L.A.-Polizisten, ist besessen von seinem Ehrgeiz, als jüngster Beamter aller Zeiten zur Kriminalabteilung zu kommen und schreckt auch vor Intrigen und Denunziation seiner Kollegen nicht zurück.
Ein Massenmord in einem kleinen Schnellrestaurant führt ihre Wege zusammen: Das Nite-Owl-Massaker beschäftigt die ganze Polizei von Los Angeles und füllt das Vakuum aus, das die Inhaftierung des Paten von L.A. in der Arbeit der Verbrechensbekämpfer hinterlassen hat. Als schließlich drei schwarze Kleinkriminelle festgenommen und nach ihrer erneuten Flucht erschossen werden, scheint der aufsehenerregende Fall abgeschlossen. Aber White, Vincennes und Exley lassen nicht ab von ihren persönlichen Motiven und decken nach und nach auf, was sich wirklich hinter den Morden verbirgt. Dabei werden die so unterschiedlichen Männer vorübergehend zu Partnern, um dennoch erbitterte Konkurrenten zu bleiben. Und am Ende müssen eine Menge Menschen sterben, um das zerbrechliche Gefüge aus Macht, Geld und Politik stabil zu halten …
Was „L.A. Confidential“ von anderen Literaturverfilmungen abhebt, ist die bis in die Nebenrollen hinein exzellente Besetzung. Russel Crowe als White, Kevin Spacey als Vincennes und Guy Pearce als Exley spielen brillant und – ein wahrhaft seltener Fall – verkörpern durch Aussehen und Auftreten exakt die von Ellroy beschriebenen Charaktere. Auch Kim Basinger als seltsam reine und verklärte Edelprostituierte agiert so glänzend, daß man als Zuschauer vergißt, wem man da beim Spielen zusieht und welch Mittelmaß sie bislang fabriziert hat.
Wunderbar auch die Ausstattung und die Kulissen für dieses schillernde und wüste Sittengemälde der 50er Jahre in der kalifornischen Metropole Los Angeles. Regisseur Hanson, der in L.A. lebt und dort aufgewachsen ist, ließ an die 60 Schauplätze neu aufbauen oder rekonstruieren. Allerdings nicht, um uns dann in langatmigen, Schaut-her-was-wir-uns-für-eine-Mühe-gemacht-haben-Einstellungen die ganze Pracht zu präsentieren: Hansons Film übernimmt exakt Ellroys Erzähltempo, und das heißt, keine Pausen oder: die Raserei hat einen Namen. Eine Tatsache, die man gar nicht genug loben kann. Alles in allem ein riesiger Aufwand für eine fette, grelle und krachende Hollwood-Produktion, die aber zeigt, daß teures amerikanisches Kino auch künstlerisch noch seine Daseinsberechtigung haben kann, wenn man eine gute und gutgeschriebene Geschichte verfilmt und diese Grundlage auch ernst nimmt.
L.A. Confidential
Regie: Curtis Hanson
Darsteller: Kim Basinger, Kevin Spacey, Guy Pearce, Russell Crowe, Danny DeVito
USA, 1997