Die Trüffelschweine des Labels „Blue Rose“ schnüffeln auch down under, und dort haben sie Desert Boot ausfindig gemacht, eine Art australischer Walkabouts. Ich hab nicht gewußt, wie kerzengrade sich Härchen bei ´ner Gänsehaut stellen können – bis ich Desert Boot hörte! Sie praktizieren einen zeitlupenmäßigen bis getragenen, ruhigen Rock mit warmen Gitarren, dezenten Piano- und Hammondorgel-Untermalung und sparsamen Drums. Und dann noch diese Sängerin Rebecca Hancock mit der wunderbar klaren, ausdrucksstarken, einfühlsamen Stimme. Schwärm… Natürlich hat da auch Freund „Hall“ im Studio etwas nachgeholfen, doch das ist gut so! Unendliche Weiten tun sich da auf, rund ums Lagerfeuer…
Desert Boot wurden 1990 vom Bassisten Gerry Kortegast (der sich bisweilen auch am Mikro versucht und dort aus seiner Nicht-Stimme à la Dieter Bohlen eine beachtliche Tugend macht!) in Sydney gegründet, allerdings spielten alle Mitglieder zunächst noch in anderen Bands, und so waren Auftritte der jungen Band selten. 1993 erschien eine erste EP und brachte unzählige Nominierungen für „Australian Record Industry Awards“. Zwei der sechs bis neun „Boots“ tourten erstmal mit Dave Steel (Ex-Wedding Parties Anything), aber 1994 gings dann richtig los einschließlich großer Europatournee. 1996 erschien das Debüt „First steps“ (auch bei „Blue Rose“), damals noch mit Sängerin Pru Rheuben. Ihre Nachfolgerin Rebecca Hancock spielte übrigens vorher Keyboard bei Ed Kuepper. Produzent und Teilzeitkeyboarder Tim Whitton arbeitete unter anderem auch mit Powderfinger, Hunters and Collectors, den Clouds und Beast of Bourbon.
Desert Boot fallen unter die Kategorie Gefühlvolle-aber-doch-toughe-Independent-Gitarrenband-mit-Hang-zum-Akustikklang, Vergleiche nicht nur mit den Walkabouts, sondern auch mit den Cranberries drängen sich auf, allerdings kommen Desert Boot wesentlich unpräteniöser als ihre irischen Kollegen daher und viel weniger lärmend als etwa die „4 Non Blondes“. Ihre schmalzfreien Balladen schlagen sich durchaus auch mal in Country-Büsche oder lassen es über schaurig-schönem Hammond-Gewaber gruseln. Ja, Desert Boot machen eine solch intensive und konzentrierte Musik, daß Stecknadelfallenlasser bei ihren Konzerten sicher mit giftigen Blicken gestraft werden. Ein Highlight im Dschungel der Neuerscheinungen!
Desert Boot: Craving
(Blue Rose/Rough Trade)