Köln/Palladium, 13.5.1999
„The most sexiest band of the world. Ich würde sie alle heiraten. Hier sind Gus Gus.“ Nach dieser entzückenden Ankündigung der Viva II Moderatorin kamen sie auf die Bühne. Das bunte „Künstlerkollektiv“ aus Island präsentiert das neue Album „This is normal“; live – und in Farbe, mittels genialer Videoperformance. Das Publikum klatscht und tanzt zu den ersten Takten von „Polyesterday“. Ebenso punktgenau, wie die Bilder auf der Videoleinwand, erscheinen die beiden männlichen Sänger auf der Bühne. Aber da fehlt doch jemand?
Beim dritten Song „Ladyshave“ kann man im fast ausverkauften Palladium nicht mehr ruhig stehen; der ganze Saal ist am tanzen und wippen. Hafdis, die Sängerin und Tänzerin, ist immer noch nicht zu sehen. Vom Nachbarn höre ich gerüchteweise, daß Gus Gus seit einem Auftritt in England ohne Sängerin touren. Hafdis Huld ist in Köln jedenfalls nicht dabei.
Die Sänger Daniel und Magnus bewegen sich gekonnt cool zu den pulsierenden Klängen. Man merkt, daß sie im Hauptberuf, also neben dem Projekt Gus Gus, schon auf anderen Bühnen gestanden haben. Das gesamte Set ist dance-orientiert. Songs wie „VIP“ und „Believe“ verwandeln den ganzen Saal in eine Tanzfläche. Der Großteil der Tracks wird in anderen Mixen gespielt. Die von den Alben bekannte Mischung aus sphärischem Pop und Techno-House mit kühlem Soul Einfluß wird live noch knackiger und spritziger dargeboten. Als Zuschauer hat man zeitweise Probleme seinen Blick zu koordinieren; zwei isländische „Popstars“ mit Ausstrahlung und eine faszinierende Videoshow, in der Computerbilder beindruckend mit Realbildern zusammengeführt werden. Multimedia in Vollendung und perfekter Besetzung.
Nach einer kurzen Stunde Gus Gus folgt eine lange Stunde Umbaupause.
Underworld. Die Herren Smith, Emerson und Hyde mit der neuen Platte „Beaucoup fish“. Das Publikum tobt. Seit „Born slippy“, dem Film „Trainspotting“ sei dank, sind sie auch in Deutschland aus dem Untergrund aufgestiegen. Sänger Karl Hyde feuert das Publikum unermüdlich an. Die Stimmung erinnert an eine englische Großraumdisko. Smith und Emerson weichen während des Gigs nicht von ihren Mixern und Sequenzern. Karl Hyde singt und tanzt permanent auf der Bühne herum. [Mit ihren großen Monitorkopfhörern sehen die drei, bei ungünstigen Lichtverhältnissen, zeitweise wie zappelnde Marsmännlein aus.] „Born slippy“, die „Technohymne“ des Jahres 1996, stellt den Höhepunkt des Konzerts dar.
Underworld, als integrierter Bestandteil der bandeigenen Werbeagentur „Tomato“, haben auch eine Videoshow im Gepäck. Diese ist mit ihren wirren Computergrafiken allerdings nicht allzu abwechslungsreich und erinnert an den cut-up Stil der gespielten Songs. Neben älteren, durch Diskobesuche bekannten four-to-the-floor-classics, werden Stücke der neuen Scheibe gespielt. In der Liveatmosphäre und nach zwei Stunden Spielzeit klingen viele der Tracks für meine Begriffe irgendwo ähnlich. Wohl ein typisches Underworld Konzert nach Underworld Konzept. Die Musik steht im Vordergrund. Die Besucher sollen eine Party feiern und tanzen; und nicht von irgendwelchen Dingen abgelenkt werden.
Das Konzept ging auf.