Was sie schon immer über die 50er Jahre wußten und eigentlich nicht auch noch lesen müssen: hier steht es! „Die 50er Jahre für Anfänger“ gewissermaßen. Denn dass die Fifties in Deutschland keine bleierne Zeit waren, zumindest was die Jugendkultur angeht (so die These des Autors) – wer wollte es bestreiten? Die Politik, okay. Mief und Muff, Altnazis, Kommunistenparanoia und Wirtschaftswunder. Aber dass sich bei den Unter-30-jährigen ´was tat, hat sich mittlerweile rumgesprochen. Offene Türen zum Einrennen also allenthalben, und dafür auch noch Geld zu verlangen – wow!
„Ja, aber -“ wird Herr Eisfeld jetzt sagen, „ich hab doch noch ein paar Schwarzweißfotos dazugepackt, und für einen Sozialwissenschaftler, der ich bin an der Uni in Osnabrück, auf deren Briefpapier ich auch meine Promo-Korrespondenz schreibe, drück ich mich doch echt verständlich aus.“ Jaja sicher. Peace, Mann. Das Buch ist in der Tat der vom Verlag versprochene „Spaziergang“ durch politische Kultur und Popkultur der frühen Bundesrepublik. Immer im lauwarm plätschernden Plauderton, manchmal sogar leicht sarkastisch. Und was richtig Falsches steht auch nicht drin. Der Hinweis, dass es schon in den 50ern die ersten Ostermärsche gab, man also eigentlich von den 58ern statt von den 68ern sprechen müßte, hat sogar wirklich ´was für sich. Der Film „Bonjour tristesse“ war tatsächlich mal einer eingehenderen Betrachtung würdig. Und über die Science Fiction-Literatur der Sputnik-Jahre könnte man ein eigenes Buch schreiben (wenn es das nicht längst gäbe, doch sowas dürfte Eisfeld kaum schrecken). Aber dass Bill Haley optisch ziemlich uncool und Peter Kraus einfach eine Witzfigur war, dass James Dean im Kino ein neues Rollenfach aus der Taufe hob und Brigitte Bardot der feuchte Traum kleiner Jungs war, ist schlicht kalter Kaffee.
Wer wider Erwarten noch nie was von den 50ern in Deutschland gehört hat – also vielleicht Einwanderer vom Mars oder Leute, die nach 60 Jahren gerade aus dem Koma erwachen – der soll sich das Buch ruhig kaufen. Für alle anderen gibt´s hier die Top Drei der lesenswerten Stellen:
3) So lange sich der Radio-Moderator Chris Howland in der deutschen Sprache nicht zuhause fühlte, überlegte er sich seine Ansagen sorgfältig. Der erste spontane Satz, zu dem er sich schließlich in einer sommerlichen Sendung hinreißen ließ, lautete: „Ich habe das Studiofenster aufgemacht, vielleicht können Sie das Vögeln hören, hoffentlich stört´s nicht.“
2) 1953 kam der Film „Casablanca“ erstmals in die deutschen Kinos – allerdings um 20 Minuten gekürzt und um alles, was die Deutschen als Nazis zeigt. Major Strasser flog gänzlich raus (konnte also auch nicht im Finale von Humphrey Bogart erschossen werden!), und aus dem Widerstandskämpfer Lazlo wurde ein Wissenschaftler, der irgendwelche utopischen Delta-Strahlen erfunden hatte. Erst 1975 lief der Film in der Originalfassung im ARD-Programm.
1) Ein Pferd kommt zum Zahnarzt, setzt sich in den Patientenstuhl und verlangt: „Ziehen Sie mir bitte sämtliche Zähne.“ Der Zahnarzt zögert erst, willigt nach längerem Hin und Her schließlich ein. Danach steht das Pferd auf, guckt in den Spiegel und sagt zufrieden: „So, jetzt soll noch einer behaupten, ich sähe aus wie Peter Kraus, den trete ich in den Hintern.“
(bg)
Rainer Eisfeld
Als Teenager träumten. Die magischen 50er Jahre
172 Seiten (1999)
Nomos Verlagsgesellschaft DM 29.80