Blöde ARD. Normalerweise hack ich ja auf dem ZDF rum, das war schon mein großes Thema im letzten Jahrtausend. Bleibt es vermutlich auch in diesem, etwa in bezug auf Herrn Herles. Der ist seit ein paar Monaten der neue Aspekte-Mensch, vielleicht sogar neuer Kultur-Chef beim ZDF. Das funktioniert ungefähr so wie im Bundeskabinett: Wer gestern Bau-Minister war, wird morgen vielleicht Gesundheits-Minister, who cares. Muss sich halt nur ein bißchen einlesen und auf seine Mitarbeiter vertrauen.
Vor einigen Jahren trudelten im Sommer täglich neue Meldungen ein, wo der Kanzler und die Minister gerade Urlaub machten. Bis meine Mutter empört fragte: „Wie – Urlaub?! Wer regiert denn in der Zwischenzeit das Land?“ Och, wahrscheinlich die gleichen wie sonst. Und beim ZDF wird ein ausgewiesener Politik-Mensch mal eben Kultur-Chef. Aspekte kriegt einen neuen Vorspann, durch den Claudia Schiffer hüpfen darf, und Herles erklärt sein verjüngtes Konzept. Dass nämlich im Grunde alles, was Menschen hervorbringen und was Menschen interessiert, Kultur ist. Mode, Essen, Design. Alles Kultur. Die totale Beliebigkeit aus der Gier nach der totalen Zielgruppe heraus. Endlich nennt mal jemand das Kind beim Namen. Gesprächspartner von Herrn Herles war damals Herr Jobatey und die Stunde eine frühe, das erklärt schon einiges.
Aber zurück zur ARD. Heute morgen zapp ich durchs Dritte und lande mitten in einem Interview zwischen einem greisen Trickfilmer und Manfred Naegele. Der trägt seinen schütteren Haarkranz mittlerweile schulterlang. Warum eigentlich? Aus Originalitätsgründen? Aus Angst vor der Silhouette des freigelegten Kopfes? Aus beruflichen Gründen, weil man mit normaler Frisur nur noch Nachrichten lesen darf und keine Kultursendungen moderieren? Ich jedenfalls bin ein großer Naegele-Fan, gehört er doch zu den angenehmsten und eloquentesten Kultur-Präsentatoren im Fernsehen. So wie der Lotse aus „Ich trage einen großen Namen“.
Fast möchte ich der ARD ein launiges „Geht doch!“ zurufen, denn vor Jahren war ich das erste und einzige Mal richtig wütend bei der Einstellung einer Sendung. Bis Mitte der 90er gab´s nämlich sonntagvormittags eine Kultursendung im Ersten, ich glaub, „Sonntagsmagazin“ hieß die. Die war wirklich klasse, moderiert von zwei klasse Moderatoren, nämlich Manfred Naegele und Babett Schoog. Herr Naegele darf nun also fast undercovermäßig im Dritten weitermachen, aber Babett Schoog hat es schlimm erwischt, die seh ich nämlich manchmal auch im Dritten. Allerdings hoffnungslos unterfordert in einer dieser neuen, heimeligen Service-Sendungen. Wie das „ARD-Büffet“. Das ich übrigens seit dem Hype um die Pro7-Serie „Buffy“ beim Fernsehzeitung-Blättern immer erstmal als englisch „Buffet“ lese, also als „Baffät“. Mit eigenem Koch, immer neuen Gästen und Pseudo-Wohninterieur. So ein Scheiß.
Vielleicht könnte man die Deko zweitverwerten, wenn man die ARD-Trailerabteilung „Wir im Ersten“ direkt neben diesem Studio ansiedelte. Die Trailerredaktion darf nämlich nicht nur jede piefige Tiersendung bewerben, sondern auch in stundenlanger Arbeit Trailer anfertigen, die dann höchsten zweimal gesendet werden. Zum Ausgleich bringt die ARD dafür vor und nach der 10 Uhr-Tagesschau ein und denselben Trailer, echt wahr, erst letzte Woche mit Bestürzung erlebt. Jedenfalls ist die Trailerabteilung so überlastet, dass die Redakteure oft die Nacht durcharbeiten müssen und dann am nächsten Tag die normale Schicht gleich wieder dranhängen. Das macht sie nicht nur zur übellaunigsten, sondern im Sommer auch zur übelriechendsten Redaktion überhaupt. Wenn jetzt gleich nebenan das Büffet-Studio wäre, könnte man sich vielleicht ab und zu in der Küche treffen und so tun, als wär man zu Hause. Mein Vorschlag.