Zeichentrick und Jazz, das ist ungefähr wie ein Comicfan, der lesen kann. Um mal das Klischee zu bedienen… Viele Peanuts-Fans werden wahrscheinlich sagen: „Jazz? Mag ich nicht. Kenn ich auch gar nicht.“ „Doch“, muss man dann entgegnen, „das ist der pfiffige Sound, der in den Fernsehfolgen drunterlegt. Das ist Swing.“ Das ist das, was diese Serie so angenehm von anderen unterschied, unter anderem… Das hatte was, das war irgendwie – sophisticated. Und weil auch Jazzer Peanuts-Fans sein können, hat der amerikanische Pianist David Benoit eine komplette Peanuts-CD eingespielt. Schon Anfang der 80er hat er für die Folge „The great Inventors“ aus der Reihe „This is America, Charlie Brown“ die Musik komponiert, und Peanuts-Fan ist er im Übrigen seit Mitte der 60er. Charles M. Schulz hat das fertige Album noch gehört, bevor er im Monat darauf gestorben ist. Was eigentlich ein fröhlicher Tribut werden sollte, ist jetzt eine wehmütige Hommage.
Eines hat Schulz beim Hören der Aufnahmen besonders gefreut: die Würdigung von Vince Guaraldi, dem Schöpfer der Peanuts-Musik. Der überwiegende Teil des Albums ist mit seinen Kompositionen bestückt. Und atmet dieses leichtfüßige, witzige, auch ironische Flair mit den sparsamen Gesten und mehr skizzierten als ausgemalten Linien. Guaraldi war ein Meister der Pointierung, wobei die Melodien mehr ihn zu spielen schienen als umgekehrt er die Melodien. Auf dem Album ist er, obwohl schon 1976 verstorben, zu hören: in den Klassiker „Linus and Lucy“ hat Benoit einfach alte Guaraldi-Aufnahmen hineingeschnitten. Wenn man die Ohren spitzt, hört man, wie Guaraldi den Anfang macht, bevor das Benoit-Trio (Christian McBride: Bass, Peter Erskine: Drums/Percussions) übernimmt und am Ende wieder abgibt an Guaraldi. Der Kniff resultierte aus der Entscheidung Benoits, die Peanuts-Standards nicht zu verpoppen, aber trotzdem behutsam zu modernisieren. Das betraf vor allem einen zeitgenössischeren „Groove“.
Es ist ein unaufdringliches, stilvolles Swing-Album geworden. Nostalgisch, aber ohne Staub. Auch Benoit selbst hat hörenswerte Songs im Peanuts-Ton hervorgebracht, ein Schmankerl ist Guaraldis schwelgerisches „Christmas Time is here“, und am Ende steht Clark Gesners „Happiness“ aus dem Peanuts-Musical, hier gesungen von Al Jarreau. Weitere Gäste sind Saxophonist Michael Brecker, die Gitarristen Marc Antoine und Russell Malone sowie der Trompeter Chris Botti.
David Benoit
Here's to you, Charlie Brown: 50 Great Years!
(Verve/Universal Jazz GRP 543 637-2)