Vergleiche mit anderen Bands sind gefährlich – sie setzen immer voraus, dass man sich unter den angeführten Paten etwas vorstellen kann. Gut, Marillion kennt jeder, aber IQ? Warum steht dann in jeder zweiten Progressive-Rock-Kritik was von IQ? OK, ich versuch‘ es ohne Querverweise.
Das Quartett Enchant legt mit „Juggling 9 Or Dropping 10“ ihr fünftes Album vor und gehört immer noch zu einem der bestgehüteten Geheimnisse der Rockmusik. Das Vorgängeralbum „Break“ (1998) hätte die Band, dank der gebotenen Qualität, in aller Munde bringen sollen, aber die Welt ist halt schlecht! Enchant sind ebenso komplex wie kompakt und lassen in ihren üppigen Songs nie Langeweile aufkommen. Sieben Minuten vergehen da wie im Flug.
Die Erdung eindeutig im Prog-Rock, verzichten sie auf endlose Frickelorgien und setzen auf die Kraft der einzelnen Songs. Allein die fragile Stimme von Ted Leonard setzt genug Highlights, um die emotionalen Epen zu tragen. Ich weiß, die Begeisterung über handwerkliche Perfektion, die songdienlich eingesetzt wird, ist ein alter Hut, aber Enchant machen genau das. Sie lassen sich Zeit, ohne auszuufern und wirken in ihrer Melodiosität nie verkrampft. In „Bite My Tongue“ geben sie sich anspruchsvoller Prog-Rock und Ohrwurm-Refrain freundlich lächelnd die Hand.
Insgesamt ist das neue Album akustischer geworden und dadurch noch abwechslungsreicher als der geniale Vorgänger „Break“. So, jetzt langt’s – wer’s immer noch nicht begriffen hat, soll weiter irgendwas hören. Enchant sind einfach geil und definitiv Pflicht – auch wenn man IQ nicht kennt.
Enchant: Juggling 9 Or Dropping 10