Solingen/Cobra, 30.3. 2001
Willst Du etwas über Aberglauben hören? Dann bist Du hier goldrichtig, mein Freund. Wenn ich von einem Konzert, auf das ich mich sehr freue – wie beispielsweise die Turbo AC’s im Hellmut am 28.4. – höre und dann lese, dass die Band vorher 25 andere Konzerte in Deutschland spielen wird, bekomme ich Albträume, in denen ein Bandmitglied irgendeine seltene Krankheit kriegt und alle Konzerte ab, sagen wir, 27.4. absagen muss. Jetzt habe ich was dagegen getan: das zweite Konzert der aktuellen Turbo AC’s-Tournee besucht. Das hat mir auch die Möglichkeit gegeben, meine Lieblingsstadt Solingen zu besuchen.
Meine Liebe für Solingen muss ich irgendwann anders gründlicher erklären, es reicht aber, hier zu sagen, dass es unter anderem damit zu tun hat, dass klasse Bands wie die Jet Bumpers aus Solingen kommen. Oder kamen, im Fall der Bumpers – die gibt’s seit zwei Jahren nicht mehr, und das, ohne dass ich sie einmal gesehen habe. Aber The Dirtshakes, die neue Band von Bumpers-Kopf Jenz Bumper konnte ich an diesem Abend im Vorprogramm genießen. Kontrollierter Punkrock mit Garage-Rock-Elementen aber ganz ohne Retro-Gefühl: The Dirtshakes waren live ein Tick druckvoller als auf ihrer Debut-10-Inch „The Kicks are Alright“, und das auch trotz wiederholter Bassverstärker- bzw. Kabel-Probleme, die Bassist Jörg, der auch mit den Surf-Rockern Cave 4 spielt und übrigens Bruder von Jenz ist, meistern musste. Die Band hat das alles klugerweise ziemlich locker weggesteckt und zum eigenen Vorteil genutzt, indem sie während einer Unterbrechung eine geile Version des Chuck Berry-Klassiker „Come On“ ohne Bass spielte. Auch mit einigen beeindruckenden neue Stücken im Set haben The Dirtshakes dafür besorgt, dass meine Reisekosten sich rentiert haben (das meine ich nur im übertragenen Sinn, selbstverständlich kriegt man alle Spesen von Hinter-Net erstattet).
Turbo AC’s waren dann schon ein Kontrast nach The Dirtshakes, die natürlich und völlig unprätentiös zu rocken wissen, denn bei den Turbos spielen Haargel, Tätowierungen und Posing eine wichtige Rolle. Bei solchen Bands muss man also ein bisschen in eine Fantasiewelt einsteigen, was aber Teil des Spasses ist. Und wenn man mitmacht, wird man von Turbo AC’s, der zur Zeit allerbesten Greaser-Punk Band, zur Hölle gerockt. Praktischerweise stammten die meisten Lieder von ihrem neuen Album „Fuel For Life“, das ich noch nicht gehört habe, weil es noch nicht auf Vinyl zu kaufen ist. Nach den Konzert glaube ich, es muss wohl ihre beste Platte sein; ich warte trotzdem auf eine Vinyl-Veröffentlichung.
Nach den weiteren 25 Konzerten bis Saarbrücken wird die Band vielleicht sogar noch besser in Form sein; ob sie auch hier eine solche tolle Version von AC/DC’s „Riff Raff“ als zweite Zugabe spielen? Liebes Hellmut Publikum, die Herausforderung ist klar: (mindestens) zwei Zugaben sind Pflicht!!