Junge, zu spät geborene Metaller, deren Ohren zu zart für Hardcore und Ähnliches sind, werden Kungfu einfach lieben. Zumal, wenn sie ein Faible für ausdrucksvolle, pathetische deutsche Texte haben, die ihren Weg zwischen Deklamations-Lyrik und Rap suchen.
Wer älter als 27 ist und „klassische“ Metal-Platten im Schrank stehen hat, wird eher jovial gähnen. Breiige, hochgetunte, überproduzierte Midtempo-Gitarrenwände – das ist was für Weicheier und MTV-Gucker, denken sich solche Hörer. Sperrige Funk-Rhythmen mit ausgeklügelten Drum-Partien und überartikulierte, aggressiv ausgespuckte Texte kennen sie schon seit Anfang der 90er-Jahre. Aber damals klangen diese noch roh und ungeschliffen und nach den Sümpfen der Live-Keller.
Kungfu mischen dagegen nur Altbekanntes zu einer alten Suppe. Dabei klingt ihr Epik-Rock hochambitioniert. Er zwingt dem Hörer visuelle Bilder praktisch auf, so kontrastreich, agil und kommunikationswütig ist die Bauart ihrer Songs. Als Soundtrack eines Rock-Musicals oder jugendlicher Agit-Pop-Stücke à la Grips-Theater wäre das Album sicher ein Riesenerfolg.
Doch als simples Rockalbum ist „Kungfu“ unanständig pompös und uninspiriert. Am schwersten aber wiegt die aufgemotzte HiFi-Produktion – ein Studio-Album im schlimmsten Sinne des Wortes, mit massenweise übereinandergelegten Spuren und allen technischen Schikanen, die ein Mischpult hergibt. Live werden Kungfu wesentlich erträglicher sein. Aber auf „Konserve“ überlagert das Kalkül die Leidenschaft.
Kungfu: Kungfu
(Island 586 487-2)