Jerry Cantrell: Degradation Trip

Als in den frühen 70er Jahren Geborener sah meine musikalische Kultivierung wie folgt aus: 1986 dachte ich, dass a-ha und Duran Duran die coolsten Bands der Welt sind, erlebte kurz danach mit „51st State Of America“ von New Model Army meine erste kleine Revolution und hörte fortan das, was man damals stolz als Independent bezeichnete.

Und gerade, als alle Welt wieder einmal anfing, den Tod der E-Gitarre zu beschreien, rappelte es in Seattle. Ohne euch jetzt mit damaligen Emotionen oder Visionen langweilen zu wollen, hatte Grunge auch einen weiteren großen Vorteil: für mich waren die Gitarren wieder da, wo sie hingehörten – laut vorne mit dabei. Lange Vorrede für ein Album, das man eigentlich recht kurz besprechen kann.

„Degradation Trip“ von Jerry Cantrell kommt einfach zehn Jahre zu spät. Die richtungsweisende Bedeutung von Alice In Chains wurde durch den unnützen Tod Layne Staleys nochmal in Erinnerung gerufen, aber das Soloalbum des Klampfers ist leider keine Offenbarung. Speziell die ersten drei Titel klingen, als hätten Pearl Jam noch nicht mal ihr zweites Album draußen. Wenn Jerry Cantrell die Grunge-Keule abfedert, kommt er deutlich in Richtung Tor, aber ein richtiger Treffer kommt nicht bei rum. Wer sich seit 1994 keine CD mehr gekauft hat, kann jetzt die Geldbörse zücken, allen anderen dürfte „Degradation Trip“ zu anstrengend sein.

Jerry Cantrell: Degradation Trip
(Roadrunner/Universal)

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