Hallgrimur Helgason – 101 Reykjavik

Gehst du in ein Reykjaviker Café, stößt du mit ziemlicher Sicherheit auf einen vor seinem Notebook sinnierenden Menschen, der gerade dabei ist, einen Roman zu schreiben. Dieser Mensch ist zumeist männlich, jung und übernächtigt, verbringt die Tage im Bett oder Café, die Nächte ebenfalls, nur in umgekehrter Reihenfolge.

Wir wissen nicht, wie Hallgrimur Helgason seinen Roman 101 Reykjavik geschrieben hat. Aber wohl so ähnlich. Und sein Held verbringt die Tage im Bett oder im Café, guckt Pornos, hört Pop und – „Hi Fidelity“ läßt grüßen – führt Listen, in denen er Frauen nach ihrem Marktwert taxiert. Er trifft auf Lesben, Schwangere, kaputte Typen, reichlich viel Schrott und Plunder – aber ich kenne kaum einen zeitgenössischen isländischen Roman, in dem das nicht so wäre.

Das Ganze ist ziemlich realistisch und komisch, mit dem typischen Brachialhumor der Isländer und vollkommen „Schau mal, ein Islandpferdchen!“-frei, was den Roman für ca. 90% der Islandfans ungenießbar macht. Alle anderen sollten einfach lesen. Vorsicht: Nicht zuviel rein interpretieren! Muss nicht sein!

Übrigens: Der Roman wurde verfilmt, ein Soundtrack mit u.a. Damon Albarn belegt das.

Hallgrimur Helgason:
101 Reykjavik
(Klett-Cotta)
440 Seiten, €22,00

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