Fortsetzung der tollen ersten Folge von „Sing mit“. Mit dem Unterschied, dass hier ein kleines Wörtchen über der Tracklist steht: „Potpurri“. Hat sich etwa jemand nach der ersten Platte beschwert? Nach dem Motto: Hier steht „Drei Chinesen mit dem Kontrabass“, und ich will alle Strophen, bis zu „Dru Chunusun mut dum Kuntrubuss“… Hat bestimmt rechtliche Gründe, das.
Ich hätte da gleich noch ein neues juristisches Problem aufzuwerfen: wer ist eigentlich der Chor, der hier singt? Warum ist der nirgendwo aufgeführt? Herr Last will doch nicht etwa behaupten, das seien wieder seine Partygäste, die er eher zufällig für die erste Folge der Nonstop-Party aufgenommen hat? Netter Versuch. Die kann er mir auch mal vorbeischicken, diese Gäste.
Oder sind das vielleicht die wunderbaren Ute Mann Singers? Sie wissen schon, dieser Chor um die rothaarige Chefin, die in Wirklichkeit Ute Hellermann heisst und mit Paul Kuhn verheiratet ist. Hm. Ist der einzige Chor, der mir einfällt. Und ich dachte, ich erzähl´s mal, damit nicht so auffällt, dass ich eigentlich nicht viel zu dieser Platte zu sagen habe.
Außer, dass sie mir gut gefällt. Und dass es schon recht spät abends ist und bestimmt gleich die zwei Studentinnen, die unter mir wohnen, hochkommen. Sie werden was zu Knabbern mitbringen und fragen: Können wir mitmachen? Woher sie wissen, was ich hier höre? Nun, das ist einem Umstand meiner altersschwachen Anlage geschuldet. Auf der linken Box muss man die Lautstärke aufgrund eines Wackelkontakts lauter drehen, als man eigentlich möchte, um überhaupt was zu hören.
Ich schätze die Entstehungszeit der Platte übrigens auf ´73, weil „Goodbye Mama“ drauf ist. Und weil ich bei der ersten Folge schon auf 1972 getippt hab. Lobenswert: hier höre ich die erste Fassung von „Schönes Mädchen aus Arcadia“, die man bei klarem Verstand ertragen kann. Sowieso ist dieses Lied hier in allerbester, ihm angemessener Gesellschaft: „Rucki-Zucki“, „Auf der Mauer, auf der Lauer“ und „Skandal im Harem (im Harem sitzen heulend die Eunuchen)“. Herrjeh, bei der Songauswahl wär ich gern dabeigewesen.
Überhaupt: woher hat dieser Herr Last immer gewusst, was das Volk will? Nur aus den Charts? Glaub ich nicht. Anonym unters Volk gemischt, etwa in der Dorfdisco und beim Schützenfest? Glaub ich auch nicht. Und außerdem: in Bremen heisst das „Freimarkt“. Berater von der Polydor? Vielleicht. Mag ich aber nicht glauben. War bestimmt doch die Dorfdisco. Oder seine Kinder. Ja, Kinder kommt bei so was immer gut. Die haben doch die Nase am Puls der Zeit, ha! Ohne zu wissen, was sie eigentlich tun. Sowas erzählen jedenfalls Leute gern, die früher bei der ZDF-Hitparade gearbeitet haben. „Immer, wenn ich nach der Sendung nach Hause gekommen bin, hab ich am nächsten Tag die Nachbarskinder auf der Straße gefragt, wer gewinnt. Und die haben mit traumwandlerischer Sicherheit gesagt: der-und-der. Sänger, von denen wir nicht gedacht hätten, dass sie gewinnen. Haben sie aber!“
Ja, genau. Und exakt diese Kinder haben auch gesagt: Bring nach „Prost, skal, salute“ „Lieber heute geküsst“. Und nach „Jetzt geht die Party richtig los“ „Geh´ Alte, schau mi met so teppert an.“ Ich find´s schlimm, dass Kinder schon Wort wie „skal“ und „Alte“ kennen, aber das war in den 70ern halt auch nicht besser als heute. Egal. James Last hat drauf gehört. Und es hat doch auch toll geklappt!
Noch ein letztes Wort zu „Lieber heute geküsst“: manchmal hinterlassen auch alte, wunderschöne Hits der gänzlich zu Unrecht vergessenen wunderbaren und göttlichen Renate Kern ihre Spuren auf den James Last-Scheiben. Zugleich hinterlässt damit auch der Bruder von James Last seine Spuren. Denn Werner Last alias Kai Warner war Komponist und Produzent für/von Renate Kern. Und auch Kay Warner hatte ein tolles Orchester. Sehr, sehr hörenswert. Aber „das kommt ja alles wieder“, wie die Frau von Dieter Thomas Heck zu sagen pflegt. „Immer mehr Produktionen haben wieder echte Streicher.“ Das nimmt man doch wahrlich beruhigt zur Kenntnis.
Und noch ein allerletztes Wort: wer mal an ein paar schöne Schlager aus der „zweiten Reihe“ erinnert werden will – also an Schlager, sie nur selten bis gar nicht im Radio laufen – der ist bei dieser Scheibe richtig. Dreh dich weiter, Ballerina; Lieber heute geküsst; Mein Schatz, du bist ´ne Wucht; Jetzt geht die Party richtig los – ich find, das ist gelungene Archivarbeit. Alles kleine Perlen. Jetzt aber Tschüß-Tschüß.