Wer sich zu den Wurzeln des „deutschen Krimis“ begeben möchte, der lese bitte nicht Schiller, Kleist oder ETA Hoffmann. Sondern, zum Beispiel, ihn hier: Carl von Holtei.
Wenn ich es recht überblicke, hat von Holtei einen Roman und eine Novelle verfasst, die man ohne weiteres „Krimi“ nennen kann: →„Schwarzwaldau“ von 1856 und →„Ein Mord in Riga“,wohl etwas später entstanden, und, die Verlinkungen zeigen es schon, beide aktuell im Buchhandel nicht lieferbar.
Carl (manchmal auch: Karl) von Holtei (24.1.1798 – 12.2.1880) arbeitete als Schauspieler, Bühnenautor und Theaterintendant, bevor er um 1850 mit dem Schreiben von Romanen begann. „Ein Mord in Riga“ ist eine Novelle, deren Reiz gewiss in der Schilderung einer untergegangenen Zeit besteht, als Riga unter russischer Herrschaft stand, aber von deutschen Kaufleuten dominiert wurde. Der Kriminalfall als solcher – ein alter geizige Händler wird ermordet und beraubt – ist nach unserem heutigen Verständnis wenig aufregend und eigentlich nur Schmierstoff für die Geschichte selbst. Krimihistorisch besteht jedoch gerade darin sein besonderer Wert. Als einer der ersten in Deutschland erkannte von Holtei, wie man „Spannung“ einsetzen konnte, um eine an sich behäbige Handlung voranzutreiben. Stilistisch würde ich von Holtei irgendwo zwischen literarischem Biedermeier und Realismus ansiedeln, also durchaus auf der Höhe seiner Zeit. „Ein Mord in Riga“ liest sich gut, wenn auch deutlich wird, dass sein Verfasser nicht zur ersten Riege damaliger Erzähler zu rechnen ist.
„Schwarzwaldau“ habe ich bisher erst kursorisch gelesen. Dass Arno Schmidt diesen Roman als „unseren besten Krimi“ bezeichnet hat, dürfte etwa so viel wert sein wie, sagen wir, mein wertes Urteil, Johann Strauss habe die schönste klassische Musik geschrieben. Wovon wir nichts verstehen, darüber sollten wir besser schweigen.