Der richtige Zeitpunkt. Irgendwann, nicht zu früh, nicht zu spät, sollte man das Skelett eines Gedankenprojekts in die Sonne stellen, es etliche Male umkreisen und sich vorstellen, wie das Fleisch der Wörter um die Knochen wuchert und ein Text zu leben beginnt. Tut er es überhaupt? Ebenmäßig? Mit allen lebensnotwendigen Organen versehen? Kein Frankenstein, der außer Kontrolle geraten ist?
Dass sich „Kreativität“ oder wie immer wir die Dame nennen wollen, zuverlässig nur dann einstellt, wenn wir uns bar jeglicher Theoriegedanken über die Tastatur hermachen – es ist, schlicht, ein Irrglaube. Im Gegenteil. Nichts befeuert Phantasie mehr als das Basteln von Fahr- und Bauplänen. Aber: Irgendwann, nicht so früh, nicht zu spät (siehe oben) muss das, was im Kopf des Schöpfers schon hübsch ins Rollen gekommen ist, hinaus auf die öffentliche Straße. Oder, um ins Bild der Knochen und des Fleisches zurückzukehren: Frankenstein (ein Auge blinzelt schon) wird entdrahtet und auf die lesende Menschheit losgelassen.
Noch schön am Gängelband. Nur ma’ so zum Gucken. Sitzt da wirklich ein Schritt hinter dem anderen? Oder fliegt er ständig auf die Schnauze? Wenn ja: Zurück ins Labor. Neu nachdenken, neu theoretisieren.
Das ist momentan Stand der Dinge. Ich habe mich, ausgehend von einer vagen Idee, treiben lassen. Durch die Erzählperspektiven, über die Spannungsbogen, in die Hirne hingeworfenen, homunculiösen Personals. Eine Story zerfasert in meinem Kopf zwischen wackligen Kulissen. Könnte klappen. Alles. Muss aber nicht klappen.
Kurzum: Ich bin ein wenig verunsichert. Die Erfahrung lehrt mich, dass jede Theorie nur so gut ist wie ihre praktische Umsetzung – okay, diese Weisheit ist nicht neu. Aber immer wieder erwischt sie einen auf dem falschen Fuß.
Also: Ich muss etwas Praktisches in die Welt setzen, das mir beweist: Es KÖNNTE, verdammt noch mal, WIRKLICH klappen! Ein Probestück. Hart am späteren Ergebnis, doch nicht notwendigerweise dort zu besichtigen. Vielleicht beerdigen wir das Stückchen gleich wieder, in allen Ehren und voller Zuversicht – oder des Nachts in der Finsternis eines vergessenen Friedhofs für geniale Ideen, die ebenso genial gescheitert sind.
Ich mach mich also frisch ans Werk – und zeig es hier vor. Zunächst mit einer Art Exposé, das mir selbst noch einmal vor Augen führt, was ich eigentlich will. Gibt es nächste Woche.