Christopher Brookmyre ist der britische Großmeister des Humorkrimis. Sein Stil wird gerne mit dem Carl Hiaasens verglichen. Ähnlich wie der Amerikaner ist Brookmyre ans Absurde grenzend komisch, darüber hinaus jedoch denkt und schreibt er stärker politisch orientiert. Vorbilder des Briten dürften weniger in Florida als vielmehr bei der Komikergruppe Monty Python zu suchen sein.
Ins Deutsche sind seine Bücher bedauerlicherweise bisher nicht übersetzt worden. Wirkte sein gelungener Erstling, „Quit ugly one morning“ im Rückblick noch zu holzschnittartig, mit zu viel Ideologie und zu wenig Arbeit am Plot, zeigte er in den folgenden Büchern dann, dass er nicht nur rasante Geschichten erzählen, sondern diese auch sinnvoll strukturieren kann.
So auch in seinem Buch „One fine day in the middle of the night“. Gaven hat die Idee für reiselustige xenophobe Briten: Urlaub vor der Küste Gambias. Komfort, Lebensmittel, Geschäfte und Gäste nur aus britischer Provinienz. Einheimische und Urlauber anderer Nationalitäten, die z.B. brave Briten mit den blendenden Titelseiten der Bild-Zeitung traktieren, bleiben draußen vor. Mittel zur Realisierung soll eine alte Ölförderplattform werden. Ein potenter Geldgeber ist schnell gefunden und wenn die Kosten auch explodieren und sämtliche Zeitvorgabe gesprengt werden, am Ende steht die Plattform bereit, um von Schottland aus vor die afrikanische Küste gezogen zu werden.
Das ist natürlich die Gelegenheit, die abgeschiedene Lage, mitten in einem schottischen Fjord, zu einer großen Party zu nutzen. Was böte sich besseres für Gaven an, als 15 Jahren nach Ende der Schule eine Wiedersehensfeier abzuhalten und all jenen, denen sein brillanter Geist in der Schule damals nicht aufgefallen war, zu zeigen, was aus ihm geworden ist. Während die Gäste sich sammeln, bereitet sich auch eine Truppe von Söldnern und ehemaligen Milizionären darauf vor, die Bohrinsel zu kapern.
All das und mehr erzählt Brookmyre mit häufigen Blick- und Szenewechseln. Im ersten Viertel des Buches nimmt er sich Raum und entwickelt eine Vielzahl von Personen. Die unterschiedlichen Schüler geben ihm Gelegenheit, das zu tun was er am liebsten macht: Über Personen zu schreiben. Bösewichte überzeichnet er bewusst, um sie dann im Humor zu versenken. Schwerpunkt das Buches ist natürlich die Beschreibung der Kaperung der Bohrinsel durch die Söldnertruppe. Er inszeniert gekonnt ein burleskes Hurly-Burly, voller Situationskomik. Dabei lässt er nicht nur eine seiner Personen über Hollywoodthriller theoretisieren, sondern schreibt auch à la. Voller Haken, überraschenden Wendungen und meistens karikaturesk komisch. Sprachlich lässt der gelernte Journalist sowieso kaum etwas anbrennen. Wandelt er über weite Bereiche im Land der englischen Hochsprache, ziehen manche seiner Protagonisten in der direkte Rede durch die „Niederungen“ der schottischen Sprache – das liest sich vermutlich leichter, als es sich in einem Hörbuch anhörte. Ein insgesamt voll befriedigendes Buch, nicht nur weil es unterhaltsam ist, sondern, anders vielleicht als bei W. Haas, auch als Krimi gelungen ist. Ein Buch dem man eine Übersetzung wünschen würde, die auch dem Dialekt in der wörtlichen Rede gerecht wird, z. B. durch jemanden wie Pieke Biermann.
Christopher Brookmyre: One fine day in the middle of the night. Abacus 2000. 373 Seiten, 13,50 € (noch nicht ins Deutsche übersetzt)