Nach den Ereignissen in Folge des Hurrikans Katrina in New Orleans war in den Zeitungen zu lesen, dass große Teile der weißen amerikanischen Öffentlichkeit angesichts der Armut, die teilweise in ihrem Lande herrscht, überrascht waren. Gegen die Heilige Einfalt ließen sich einige literarische Beispiele anführen. Eines von ihnen ist George P. Pelecanos, der sich in den letzten Jahren als so etwas wie der „Stadtschreiber“ Washington D.C.s etabliert hat. Washington ist nicht nur die Hauptstadt der USA, sondern auch eine der Städte mit der größten Verbrechensrate im Lande.
„Right as Rain“ von Pelecanos ist das erste Buch seiner Derek-Strange und Terry-Quinn – Serie. Beides ehemalige Polizisten; Strange, dunkelhäutig, ehrenvoll aus dem Dienst ausgeschieden und als erfolgreicher Privatdetektiv tätig. Quinn, weiß, ausgeschieden, nachdem er einen dunkelhäutigen Kollegen erschossen hatte und jetzt in einer Buchhandlung tätig. Von den beiden Protagonisten ist Terry Quinn der interessantere, während Derek Strange für meinen Geschmack doch etwas zu sehr den Gute-Mensch-Charakter darstellt und sich seine Konflikte mehr zwischen Herz und Lende abspielen, während Terry ein komplizierterer Typus ist. Als Teil der zahlenmäßig weißen Minderheit in der von schwarzen Amerikanern auch kulturell dominierten Stadt ist er sehr damit beschäftigt, kein Rassist sein zu wollen.
Monate danach wird Strange von der Familie des Opfers beauftragt, die Umstände der Tat Quinns zu untersuchen. Die Untersuchungen führen den Leser in die Drogen- und Unterwelt D.Cs, wo Partnerschaften labil und Rassekonflikte stabil sind. „Right as Rain“ ist von einem Autoren geschrieben, der sich auf der Höhe seiner Schaffenskunst befindet. Stilistisch souverän, voll im Leben der Strasse, komplex in der Anlage der Personen und der Handlung. G. Pelcanos erzählt keine simplen Whodunits, sondern stellt uns von verschiedenen Seiten seine Stadt vor. Dementsprechend entwickelt er die Geschichte aus mehreren Blickwinkeln heraus, immer wieder zwischen diesen hin und her wechselnd, die „Bösen“ genauso neutral beobachtend wie die „Guten“.
Rassenkonflikte, Männersorgen, Drogenprobleme, die soziale Lage der Stadt. Das alles fügt sich zwanglos zu einem atmosphärisch dichten Gebilde, dem der Leser den konstruktiven Aufwand auf dem ersten Blick nicht ansieht. Manko des Buches ist etwas, dass die Art und Weise wie die Geschichte sich am Ende aufrippelt, von der Struktur her (Show-Down, korrupte Polizei und öffentliche Aufarbeitung) Pelecanos Roman →„The Sweet Forever“ ähnelt. Sein Stil jedoch hat sich seit jenem Buch verändert, immer noch schlank, ist er etwas wärmer geworden: Die Stadt macht einen freundlicheren Eindruck.
George P. Pelecanos: Right as Rain. Warner Books 2002. 6,99 €
(deutsch als "Schuss ins Schwarze". Rotbuch 2003, 21,90 €)