Ein großes Lob gebührt dem Pendragon-Verlag dafür, dass er eine Neuveröffentlichung der Bücher D.B. Blettenbergs vorgenommen hat. Die allermeisten der seit 1981 veröffentlichten neun Bücher des Autors wurden dadurch dieses Jahr wieder für den Leser verfügbar.
Blettenberg ist nicht nur der einzige deutschsprachige Autor, der dreimal den „Deutschen Krimi Preis“ erhalten hat, sondern von den gegenwärtig erfolgreichen deutschen Krimiautoren ist er auch einer der langgedientesten. Dabei arbeitet er hauptberuflich als „technischer Berater“ im Entwicklungsdienst. Folge seiner Einsätze, die ihn im Laufe der Jahre nach Südostasien, Afrika, Mittel- und Südamerika führten, ist ein geographisch weit gestreutes OEuvre, welches sich durch atmosphärisch dichte Darstellung und Verständnis für politische Situationen auszeichnet.
Seine ersten beiden Bücher „Weint nicht um mich in Quito“ und „Agaven sterben einsam“, 1981 bzw. 1982, also schon vor mehr als zwanzig Jahren erschienen, sind jetzt in einem gemeinsamen Band mit dem Titel „Blut für Bolivar“ wieder aufgelegt worden. Die unter dem Namen des Befreiers Südamerikas von der Fremdherrschaft Spaniens zusammengefassten zwei Titel sind verbunden durch den Ich-Erzähler Wolf Straßner und greifen die jüngere Geschichte Ecuadors auf.
In „Weint nicht um mich in Quito“ lebt Straßner noch in einem konventionellen sozialen Gefüge. Bis vor wenigen Monaten als Ausbilder in einer technischen Schule tätig, schlägt er sich jetzt als Gelegenheitsdetektiv durch. Für einen neuen Auftrag soll er ein gestohlenes Gemälde und seinen Dieb ausfindig machen.
Es ist ja nicht ohne Ironie, dass die große Freiheitliche Revolution Bolivars in Ecuador (und nicht nur dort) zu einer Abfolge von Diktaturen führte. In den 70er Jahren waren in Ecuador die Militärs an der Macht, und hinter den Kulissen tobte der Kampf zwischen Arbeiterbewegung und der politischen Rechten. Während Straßner das Gemälde sucht, werden zeitgleich ihm nahestehende Gewerkschaftsfunktionäre erschossen. So nach seiner Loyalität befragt, gerät sein Lebens aus den Fugen.
Blettenberg erzählt das Ganze sehr lakonisch, ohne seine Figuren analytisch zu zerlegen, gelegentlich mit Humor gewürzt. Die verschiedenen Erzählstränge hält er gekonnt zusammen und durch den stetigen Perspektivenwechsel die Geschichte kurzweilig und den Leser zunehmend kurzatmig.
„Agaven streben früh“ zeigt uns dagegen einen Wolf Straßner, der aus dem konventionellen Rahmen gefallen ist. Mittlerweile ist er als Handelsreisender in Sache Terror unterwegs und hat den Auftrag, einen exilierten Politiker umzubringen, der nach Ecuador zurückkehren und zum Ende der Militärdiktatur für das Präsidentschaftsamt kandidieren will. Von Aufbau und Stil her ist dieses Buch deutlich ambitionierter. Zwischen den einzelnen Abschnitten der Kapitel wechselt Blettenberg über eine Vielzahl von Personen die Perspektive (einmal über acht verschiedene in Folge). In den Actionszenen wechselt er auch in den einzelnen Abschnitten, springt dabei auch in der zeitlichen Perspektive vor und zurück und gibt so der Story einen starken Drive.
Unterstützt wird die rasante Erzählweise durch den trockenen Sprachstil, der auch in dieser Geschichte nicht langweilt. Da der Leser bei den zahlreichen Perspektivwechseln immer wieder einen Moment braucht, bevor er realisiert, in welche Schuhe der Erzähler schlüpft, fürchte ich allerdings, dass mancher sich so sehr schwindlig gespielt fühlen wird, als hätte er gegen Mehmet Scholl antreten müssen.
Zwei höchst unterhaltsame Geschichten, die den Autor in einer guten Frühform zeigen, geopolitisch anregend sind und sich auch mehr als 20 Jahre nach der Erstveröffentlichung ausgesprochen gut lesen lassen. Dem Buch wie dem Autor wünscht man mehr als gute Urteile durch Kritiker.
D.B. Blettenberg: Blut für Bolivar. Pentragon 2005. 296 Seiten, 9,90 €