Die Harvard-Universität, Leitbild der universitären Ausbildung in aller Welt, wird uns in „A Darker Shade of Crimson“ von Pamela Thomas-Graham von einer alltäglicheren, weniger blendenden Seite präsentiert.
Statt der vielgelobten Freiheit des akademischen Nachwuchses erleben wir, wie Veronika „Nikki“ Chase, assistent professor, von ihrem Chef genauso mit Aufträgen und forschungsfernen Arbeiten überhäuft wird, wie ihre deutschen C-2 oder Junior- Professoren- Kollegen; und anstatt hyperbrilliante Wissenschaftler finden wir mediokre Menschen.
Während Frauen im Alltag Harvards keine Besonderheit mehr darstellen, fallen schwarze Professorinnen immer noch auf. Und so kämpft Nikki Chase nicht nur um ihre Karriere, sondern als Afro-Amerikanerin auch ständig mit den Rassenkonflikten in ihrem Kopf. Von Harvard versteht die Autorin Pamela Thomas-Graham einiges. Bevor sie eine der erfolgreichsten (schwarzen) Frauen in der amerikanischen Wirtschaft wurde, hatte sie sehr erfolgreich dort studiert und ihr Studium abgeschlossen.
Nikki Chase ist Nachwuchswissenschaftlerin im Betriebswirtschaftlichen Institut. Fünf Jahre hat sie Zeit, durch erfolgreiche Publikationstätigkeit und geschickten Umgang mit ihrem arrivierten Chef sich für eine längerfristige Stelle zu qualifizieren. Zu den wissenschaftsfernen Tätigkeiten, denen sie nachkommen muss, gehört die Mitarbeit in der Universitätskommission, die sich um Finanzbedarf und –beschaffung der nächsten Jahre kümmern soll. Keine Frage, dass hier Potential für zahlreiche Konflikte ist und versucht wird, so manches persönliches Süppchen zu kochen. Und so findet dann auch eine andere Mitarbeiterin der Kommission unter mysteriösen Umständen den Tod.
Die wenige freie Zeit Nikkis wird dadurch kompliziert, dass ein früherer Geliebter dieser attraktiven, aber mit Männern glücklosen Frau, in das selbe Haus einzieht, in dem sie lebt. Soweit ganz nett, was die Autorin so zusammenstellt: Geld, Rassenkonflikte, Sex, persönliche Eitelkeiten. Genug Konfliktpotential um mehrere Bücher zu schreiben. Alles das gestaltet Thomas-Graham mit einer stupenden sprachlichern Klarheit. Geradezu schwerelos gleitet der Leser durch den Text. Wer im Herbst die unfreundliche Natur draußen lassen möchte und eine angenehme, mitunter humorvolle Lektüre mag, ist hier bestens bedient.
Ihr Programm verpackt sie in einen klassischen Detektivroman – die Zahl der möglichen Täter ist genauso überschaubar, wie die der möglichen Motive unüberschaubar ist. Die Gemütlichkeit des Rätselkrimis verdeckt etwas, dass sie mehrere Rätselstränge gekonnt aufbaut und in einem wirklich gelungenen Ende die Fäden auch wieder so auflöst, dass dann nicht zwanghaft zusammengefügt wird, was nicht zusammen passt.
Alleine, diesen Gegensatz zwischen dem anspruchvollen Kontext und dem cozy daher kommenden Rätsel, den bekommt die Autorin nicht richtig aufgelöst. Es wirkt so, als könne sie sich nicht entscheiden, ob sie einen gelungenen Detektivroman oder einen sozialkritischen Roman schreiben möchte. Zu oberflächlich wirkt das Ganze letztendlich, es arbeitet sich nicht in die Tiefe vor. Die Gespräche der Frauen über Männer haben die Plattheit von „Sex in the City“ und Nikkis rassistische Anwürfe an ihren früheren Geliebten wirken gemacht; der Leser kann sie nicht ganz nachvollziehen. Und so überwiegt atmosphärisch etwas das „Puppenhausartige“, welches Cozys häufig anhaftet. So bleibt dann am Ende ein Buch zurück, welches am abendlichen Kaminfeuer schön zu lesen ist … nicht wirklich dramatisch und nicht wirklich verstörend – Schade eigentlich.
Pamela Thomas-Graham: A Darker Shade of Crimson.
Pocket Books 1999. 416 Seiten, 6,99 €
(deutsch als "Dunkelrot ist der Tod". Droemer-Knaur 2001, z.Zt. nicht lieferbar)