(Die Blogger? Unauffindbar. Weder Dieter noch Paul noch Rudolph sitzen auf ihren Plätzen. Chef Walter panikt. „Kollege Mitter! Hierher! Mal nen Krimi gelesen? Ja? Robert Wilson? ‚Die Toten von Santa Clara‘? Kritik schreiben! Pronto! Und bloggen! – Na, diesem Trio werd ich die Hammelbeine…“)
Das ist doch ein Lob, das sich jeder Verlag und Autor erhofft: Die ehrwürdige ‚Zeit‘ wünschte sich: „Gäbe es doch einen deutschen Krimiautor, der schreiben könnte wie Wilson“. Obwohl „Die Toten von Santa Clara“ ein extrem gelungener Krimi ist, scheint mir diese Lobeshymne aber fast ein bisschen hochgegriffen.
Wilson schickt nach „Der Blinde von Sevilla“ seinen Kommissar Javier Falcón das zweite Mal ins Rennen. Basis der Geschichte bilden – wie so oft, wenn die Mordkommission ins Spiel kommt – zwei tote Menschen, bei denen nicht klar ist, ob sie freiwillig aus dem Leben getreten sind oder jemand nachgeholfen hat. Als weitere Tote folgen, dringt Javier Falcón immer tiefer ein in ein Geflecht aus Familientragödien, der russischen Mafia und einer überraschenden Wendung rund um den 11. September.
In der Gluthitze des sommerlichen Sevilla tappert er ziemlich lange ahnungslos durch die Stadt, bevor er gegen Ende des Buches endlich eine konkrete Fährte aufnimmt. Hier liegt die Stärke von „Die Toten von Santa Clara“: Robert Wilson versteht es, seinen Hauptkommissar so rundum überzeugend darzustellen, dass die stellenweise etwas behäbige Handlung nicht negativ ins Gewicht fällt. Wilson gesteht Falcón ein Leben abseits des Präsidiums zu und besitzt das unaufdringliche Talent, dass sich der Leser mehr und mehr mit der Hauptfigur verbunden fühlt.
Der Hauptkommissar verpasst keine Siesta, liebt, ohne ein Casanova zu sein, und trinkt Wein nicht nur, weil er vergessen möchte. Hinzu kommt, dass er weder hadert, noch an den Abgründen des Falls verzweifelt, sondern immer nur weiter angestachelt wird, die Lösung zu finden. Wenn man eine Weile über die Präzision der Charakterzeichnung nachdenkt, fällt einem wirklich kein deutscher Krimiautor ein, der das drauf hätte.
Robert Wilson: Die Toten von Santa Clara.
Page und Turner 2005. 506 Seiten, 19,90 €