Was ist Noir?

Ich habs nicht so mit den Genredefinitionen, mit den Subgenredefinitionen noch weniger. Aber jetzt muss ich wissen, was „noir“ ist. Und ob der Text, den ich da kategorisieren möchte, als der „erste noir der Kriminalgeschichte“ durchgehen könnte. Mal vergleichen.

Meine Parameter stammen von der schönen und empfehlenswerten, dem Noir gewidmeten Site → „mordlust.de“, und ich habe zunächst einige prägnante Aussagen in einem Zitat zusammengefasst:

„Noir konfrontiert den Leser mit einem: der Angst. (…) Sie ist eine düstere Mischung aus Randexistenz, (sexuellen) Obsessionen, Hoffnungslosigkeit und Furcht. (…) Im Gegensatz zu klassischen Detektivgeschichten, in denen mit oftmals emotionaler Distanziertheit gearbeitet wird, katapultiert der Noir-Roman den Leser mitten hinein ins Geschehen. Hinein in eine brutale, inhumane Welt.“

Und jetzt zwei Passagen aus jenem ominösen Text:

»›Sie trägt ihr Geld an ihrem Körper, in das Korset eingenäht.‹
›Dann ist es eine große Summe!‹ war der erste Schluß des Barons.
Sein zweiter war: ›Sie wird es mit ihrem Leben vertheidigen!‹
Eigentlich waren es nur die Prämissen seines Schlußsatzes:
›So muß sie ihr Leben dafür lassen!‹
Und nun machten die Gatten ihre Mordplane.«

»›Kurierpferde!‹ rief der Postmeister, dessen Haus nicht als eine Räuber- und Mördergrube gelten durfte.
Er fand die Mörder noch in Stuttgart, bei ihnen das geraubte Gut.
Sie konnten nicht lange läugnen.
Sie wurden gehängt.
Reinhard Sommer genas nicht wieder, er wurde in ein Irrenhaus gebracht.
Seine Frau ließ sich von dem Irren scheiden und nahm nach einem Jahre einen anderen Mann.«

Das ist noir, schwärzer gehts nicht. Der ganze Text ein brillantes, nüchtern-sezierendes, dramaturgisch eins-a gearbeitetes Stück über die lapidare Mechanik des Bösen, und wie der Autor mit den Hoffnungen des Lesers arbeitet und letztlich enttäuscht, das ist groß, das ist Krimi, das ist Literatur. Irgendwann in den fünfziger, sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts verfasst. Bald als pdf zum Download bereitgestellt. Und, jetzt lassen wir es krachen, der zweite Band der „Criminalbibliothek des 19. Jahrhunderts“. Wer sich genauer informieren möchte, kann dies → hier tun. Linke Spalte, unter der „Schwarzwaldau“-Präsentation. Das Grauen geht weiter. Deutschland keine Krimitradition? Ich hau euch die Gegenbeweise um die Ohren.

dpr

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