Rezensentenbelehrung

Webseiten von Autoren sind Werbeseiten. In Ordnung. Man hat ein Buch geschrieben und preist es an, man verweist stolz auf die Lobeshymnen der Rezensenten – und verschweigt im Allgemeinen ihre Verrisse. Auch in Ordnung. Das nennt man Kosmetik, das nennt man Werbung, das nimmt kein Mensch ernst, der seine fünf Groschen noch beisammen hat.

Bedenklich wird es allerdings, wenn Autoren auf ihren Webseiten zu Regulatoren der Rezeption werden, so wie dies nun → Anne Chaplet versucht.

„Bitte um Berücksichtigung an alle Rezensenten:

Menschen, die heute 48 Jahre alt sind und 1981 ein einschlägiges Erlebnis hatten, sind weder Teilnehmer der „Studentenrevolte“ noch „68er“. 1981 waren die Friedensbewegung und die Anti-AKW-Bewegung wichtig, aber nicht mehr das, was wir mit 68 verbinden.

„Sauberer Abgang“ ist KEIN Nostalgieroman aus den fernen fernen Zeiten der Studentenbewegung, hier geht es weniger um Politik als um Gefühle. Das wollte ich doch mal gesagt haben. „

Hm, fragt man sich, was ist denn da passiert? Hat da tatsächlich jemand den faux pas begangen, Zehnjährige zu Revoluzzern zu erklären, Vorpubertierende zu Teilhabern am wilden Sex von Langhans und Co.? Muss ja so sein, denn warum sollte sich Frau Chaplet sonst so aufregen und zur historischen Richtigstellung schreiten müssen?

Leider nennt sie uns nicht den Grund für ihre Rezensentenbelehrung. Gibt es überhaupt einen? „Sauberer Abgang“ ist seit dem 3. März auf dem Markt, bis dahin galt auch die Sperrfrist für Rezensionen. Viele können also noch nicht ihren Senf zum Buch gegeben haben. Frau Chaplet selbst verweist auf → eine Besprechung , die natürlich positiv ist, eine zweite, negative, findet sich → hier. Aber sonst?

Oder hat Frau Chaplet ihren Hinweis aus reiner Menschenfreundlichkeit ins Netz gesetzt, um historisch unbedarften Kritikern ein Fettnäpfchen aus dem Weg zu räumen? Dann allerdings: vielen Dank. Wirklich sehr nett. Wenn Sie mir dann bitte noch erzählen würden, welche Fehler ich eventuell bei der Besprechung noch machen könnte? Würde mich interessieren, denn ich lese das Buch momentan und bin für jeden Tipp dankbar. Soll ja eine positive Rezension werden.

21 Gedanken zu „Rezensentenbelehrung“

  1. Deine Besprechung muss unbedingt positiv ausfallen. Sonst brandmarkt Frau Chaplet dieses Blog eiskalt als Klowand. Da kennt die nichts. Und wer will schon von „der besten deutschen Krimiautorin“ in die Ecke gestellt werden.

    Liebe Grüße
    Ludger

  2. Danke für den Hinweis, Kollege. Ich werde mir Mühe geben. Und falls du auch eine Rezension planen solltest: Der Roman spielt in FrankFURT, nicht in FrankREICH. Das ist ein kleiner Unterschied, falls du es nicht wissen solltest.

    immer hilfsbereit
    dpr

  3. Zur Vorort- und Hintergrund-Recherche solltes Du da unbedingt hinfahren, also nach FrankFURT, weil Frau Chaplet dort ihren Krimi mit Käse verkauft, oder Käse mit Krimi, oder Krimi-Käse.

    Ludger

  4. Lustig … die Autorin, nicht der Rezensent. Aber es ist immer das Mittelmaß, der biedere Durchschnitt, der sich zu wichtig nimmt. wir haben so viele bessere Autoren/innen, haben die das nötig?

    Schreiten Sie zur Tat, Herr Rezensent, SIE lassen sich gewiss nicht einschüchtern.

  5. Frankfurt? Och, da will ich doch erst wieder im Oktober hin, zur Messe. Du wolltest mir einen Kaffee ausgeben, erinnerst du dich? Kann ich nicht nach FrankREICH fahren? Bin ich in drei Minuten. Und der Käse ist dort auch wesentlich besser. Von den Krimis ganz zu schweigen.

    bye
    dpr

  6. Ui, lieber Ralf,

    jetzt bin ich aber in der Bredouille! Vielleicht gefällt mir ja der Roman von Frau Chaplet? Und dann gelte ich als „eingeschüchtert“! Nicht leicht, das Rezensentenleben!

    bye
    dpr

  7. Vorsicht. Die Dame gehört zur Achse des Guten (achgut.de). Da versteht man keinen Spaß, schon gar nicht mit altlinken Rezensenten, die ihre eigene Vergangenheit wiedererkennen könnten.

  8. Danke, Mareike! Mit der Achse des Guten hab ich natürlich nichts am Hut, dafür mit dem guten Axel, dessen → Block-Sammelband bald erscheinen wird (na, war das eine elegante Schleichwerbung!?). Und bin auch weder alt noch link. Und eine Vergangenheit hat man einfach, wenn man die erst „wiedererkennen“ muss, ja dann gut Nacht!

    dpr

  9. wo Sie mich mit jagen können, sind Autor/innen, die stinknormale Stories mit vermeintlicher BEDEUTUNG bis zum Jehtnichmehr aufblähen, dann aber sprachlich so unbedeutend sind, dass sie mit sich selbst nicht Schritt halten können. Das ist eine Eigenart der sog. Hochliteratur, Frau Chaplet führt das nun auch im simplen Krimi ein.
    Na, wenn sie es braucht …

  10. Manchmal habe ich richtig Spaß an meinen Kollegen. Neulich im Syndikat gerieten die selbst ernannten Honorationen ganz außer sich, als man erfuhr, dass einzelne Kollegen es wagen, bei Rezensionen anderer Kollegen in nestbeschmutzender Art und Weise nur 3 von 5 Sternen zu vergeben. Insbesondere Frau Chaplet rief dazu auf, Verfasser derartiger Rezis mit negativem Anklicken auf dem Button „hat ihnen diese… gefallen“ in den Keller zu voten. Der Gag: Sie war selbst gar nicht betroffen.

    Gleichzeitig will sie den Laden aber für sich nutzen. O-Ton Chapletaus der mailing-Liste: „Ihr Lieben, eigentlich bin ich der Meinung, man sollte ein regelrechtes „Wir loben einander“-Kartell für amazon aufmachen.“

  11. Hallo, Krimimann,

    kaum ist er da, schon sind wir dem SKANDAL ein gutes Stück nähergekommen! Mensch, Interna vom Syndikat! Wie ich darauf brenne! Und Amazon, Hort der zeitgenössischen deutschen Krimirezension!

    bye
    dpr, kopfschüttelnd

  12. Ja. Und? Ein Skandal wäre es erst, wenn es in der Bild steht, oder Bohlen in den Verein eintreten würde, was aufs selbsr rauskäme. Und amazon wird gerade von den Autoren, die nicht im Bücherregal der Händler stehen, zur existentiellen Frage erklärt. Deshalb sieht es der gemeine Autor womöglich als wichtiger als der gemeine Bloggist.
    Peace and love

  13. Ich versteh das ja, Krimimann. Nicht alle gehören zu den selected few, und da greift man nach jedem Strohhalm. Aber: Muss es amazon sein? Wo man noch und nöcher türken kann? Welche halbwegs Vernünftige richtet sich bitteschön nach Amazon-„Kritiken“?

    bye
    dpr

  14. Keine Ahnung, es gibt Autoren, die verkaufen fast alles über Amazon (wenn es unter 3000 Stück gesamt ist), oder fast alles über Buchhandel (wenn es mehr ist). Wovon es abhängt, dass ein Titel bei Amazon „geht“, wissen nicht mal die Verlage. Da gab es ein Heilstein-Buch, dem in BILD eine halbe Seite gewidmet wurde, das ging über Amazon gar nicht. Ein Fantasy-Ding von mir (unter Pseudonym) lief ohne jede PR erschütternd gut. Die meisten Autoren sind nun wenig erfolgreich, so dass sie sich an Amazon klammern wie der Krebskranke ans Mistelkraut: es wird als einzige Chance begriffen. Insofern finde ich es verständlich, wenn da manche empfindlich reagieren. Weshalb nun Chaplet? Hat wahrscheinlich mit mir zu tun, ich gehöre nicht zu den Netten im Lande. Oder auch nicht, sie kennt mich gar nicht persönlich. Egal, jedenfalls ist das mit Amazon mehrschichtig. Die reinen Rezis bewirken vermutlich nicht so sehr viel, aber die Empfehlungslisten und die TOP100-Rezensenten werden doch aufmerksam gelesen. Insgesamt setzt Amazon im Vergleich zu Buchläden nun nicht so sehr viel um, aber die Rezensionennummer verleitet Kunden dazu, von libri oder buecher.de abzuwandern. Das sollte doch was zu bedeuten haben? Und so wie ich das sehe, kommen die Leute auch zu diesem Blog weniger der nackten Blondinen wegen, sondern um Rezensionen zu lesen. Oder nicht?

  15. Ach, wie schön! Jetzt steckt Watching the detectives auch (oder mal wieder?) im Skandalsumpf! Interna aus dem Syndikat werden ausgeplaudert und über faule Tricks bei amazon spekuliert – wunderbar.

    Und das alles nur, weil Frau Chaplet ihre Rezensenten vor Fehlern bewahren wollte.

    Ludger
    *lacht
    ** hofft immer noch auf die positive Besprechung
    *** klaut schamlos bei Anobella (wo steckt die eigentlich?)

  16. Ja, Krimimann, die Leute hier wollen Rezensionen lesen, obwohl auch Sex’n’Crime gut gehen würde… Aber hier bekommen sie auch Rezensionen. Und nicht irgendwelche strategisch platzierte Lobpreisungen oder Verrisse. Ich sag nicht, dass nicht auch bei amazon ein paar brauchbare Kritiken wären…aber das ganze System ist so dubios, dass ich schon ziemlich naiv sein müsste, mich darauf zu verlassen.

    Tja, Ludger, da bist du wieder neidisch, was! Die großen Skandale finden HIER statt, nicht da oben in Hamburg. Wo man inzwischen gezwungen ist, von Anobella abzukupfern. Die wahrscheinlich gerade in ihrer Dichterklause sitzt und einen Kurzkrimi ohne Mord schreibt.

    bye
    dpr

  17. Ach ja, mal ganz kurz und grundsätzlich: Das Syndikat interessiert mich etwa so dringlich wie die Abteilung Hochleistungsmelken im südschleswigschen Bauernverband. Das ist weder positiv noch negativ zu werten, sondern so wie ich es sage: Da haben sich AutorInnen zusammengeschlossen und werden schon ihre Gründe dafür haben. Ich beobachte das und reagiere gegebenenfalls auf den Output, so er mich in meiner Eigenschaft als Krimichronist tangiert. Was innerhalb dieser Organisation vor sich geht, ist aber nicht meine Sache. Und interessiert mich dementsprechend auch wenig, d.h. gar nicht. Und mein Bedarf an „Skandalen“ ist nun dermaßen nichtvorhanden, das glaubt man nicht…

    bye
    dpr

  18. Zum Abschluß: Ich habe nichts von einem Skandal erwähnt. Nehmt die Dinge doch so wie sie sind und vermutet nicht immer ein Verschwörungsszenario. Immer nur austeilen ist doch doof, gelegentlich vermisse ich in deutschland die Fähigkeit, andere Standpunkte einfach mal ao stehen zu lassen. Und ja, auch bei mir selbst. Tschüsselchen.

  19. „gelegentlich vermisse ich in deutschland die Fähigkeit, andere Standpunkte einfach mal ao stehen zu lassen“ – ach, Krimimann, könnte es nicht sein, dass Sie in die Deutschland die Fähigkeit vermissen, Ihnen NICHT zu widersprechen? Mich langweilt dieses Stänkern einfach, that`s it. Nee, das ist kein „Skandal“, wär ja noch schöner. Sollen sie meinetwegen die Amazon-Sternchen auswürfeln. Aber hier eine Verschwörungstheorie lancieren zu wollen, wie Sie das getan haben, und dann groß gegen „Verschwörungsszenarien“ lamentieren, das ist schon recht scheinheilig. Und durchsichtig.

    bye
    dpr

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