Dieter Hirschberg: Tödliche Loge

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Kenner der Literaturgeschichte müssen es für eine naheliegende Idee halten, E.T.A. Hoffmann zum Helden von Kriminalromanen zu machen, wie dies Dieter Hirschberg nun schon zum dritten Male versucht hat. Kenner der Literaturgeschichte wissen aber auch, wie schnell und gründlich so etwas in die Hose gehen kann. Denn Hoffmann, Autor von „Das Fräulein von Scuderi“ und damit Teil der Krimientwicklung, war ein durchaus komplex-verschränkter Charakter, nicht nur künstlerisch als Dichter-Musiker. Wer ihn also in persona literarisch abzubilden gedenkt, sollte diese Komplexität wenigstens andeuten.

„Tödliche Loge. E.T.A. Hoffmann unter Verdacht“ ist kein durch die Bank misslungenes Buch. Es belegt die historischen Kenntnisse seines Autors, gibt Kostproben seines Humors und seines Talents zur prägnanten Schilderung. Letztlich jedoch scheitert Hirschberg an seinem Ehrgeiz, in Hoffmanns Spuren zu laufen.

„Tödliche Loge“ kommt als „Doppelroman“ daher, auch das naheliegend, denn das hatte schon Hoffmann im „Kater Murr“ exerziert. Eine Hälfte des Textes bleibt dem eigentlichen Kriminalfall vorbehalten: Ein umstrittener Theaterdirektor wird ermordet, Hoffmann, von fiebriger Grippe heimgesucht, gerät selbst in Verdacht und sucht den wahren Mörder. Das liest sich, wie gesagt, stellenweise ganz putzig, ist aber insgesamt zu beliebig, zu sehr Milieuzeichnung, um als Krimistory wirklich überzeugen zu können.

Die andere Hälfte nun besteht aus „Fieberphantasien“ des Dichter-Protagonisten. Romantischen, natürlich, ganz in der Manier Hoffmanns und der Romantik – und eben NUR in dieser Manier, ohne die Tiefe der Originale. Das ist alles viel zu harmlos, was vielleicht noch anginge, vor allem jedoch ist es schon bald recht langweilig und hemmt die sowieso nur zögernd in Gang kommende dramatische Entwicklung der Geschichte. Irgendwann überblättert man diese Kapitel. Übrigbleibt ein nur unzureichend konturierter E.T.A. Hoffmann, der sich genregerecht durch einen Kriminalfall arbeitet. Schade.

Dieter Hirschberg: Tödliche Loge. 
BeBra 2006. 285 Seiten, 9,90 €

9 Gedanken zu „Dieter Hirschberg: Tödliche Loge“

  1. Hm, ich bezweifle, dass das ein Kompliment war. Oder hast du damals besonders alt ausgesehen? Ob du vor zwanzig Jahren noch Fräulein warst, wage ich an dieser Stelle nicht zu fragen.

    bye
    dpr
    *durch mit Kapitel 5. Schön. Jetzt muss aber dramaturgisch etwas mehr draufgehalten werden, nachdem die Exposition vorbei ist.

  2. (quote dpr: „jetzt muss dramaturgisch aber mehr draufgehalten werden“)

    im hinternet. anobella und dpr diskutieren anobellas manuskript.

    anobella (betont): ich bin für vorschläge offen, im kleinen wie im großen!
    dpr (kinn auf den händen): definiere klein, anobella!
    anobella (flippt ihr manuskript durch): einzelne sätze, sprüche, schnellermacher!
    dpr: definiere groß!
    anobella (flippt nochmal durch): zusätzliche figuren, leichen, verfolgungsfahrten, metzeleien, splatterelemente!
    dpr (zieht den stift hinter dem ohr hervor)
    anobella (nimmt aus): keine leichen i n n e r h a l b meiner kripo-abteilung.
    raphael (mahnend über seinen bildschirm zu dpr): verfolgungsfahrt nur auf meinem blauen trecker!
    dpr (ächzt)

  3. Nein, nein, nix Großes und nix Kleines. Bisher alles völlig okay. Wir lernen das Team kennen, erfahren etwas über das Opfer und erste mögliche Täter…aber jetzt bin ich mal gespannt, ob du an der Geschichte dranbleibst. Das würde schon genügen. Natürlich könnten wir, quasi als Nebenstrang, noch einen Serienkiller einführen, der seine Opfer mit Weinflaschen malträtiert. Aber das heben wir uns für den Notfall auf.

    bye
    dpr

  4. Ich spitze die ganze Zeit meine Bleistifte und der blaue Motor tuckert und tuckert sich sowas von warm… jetzt aber erstmal wieder ein kurzer Abstecher (hö) in die Abteilung für Inquisition und Autodafe.

  5. wahre geschichte übrigens.
    der nachbar, der hier dem anderen in den garten spuckt, hat letztes jahr einen grill gekauft, ordentlich grillanzünder reingeschüttet und damit eine stichflamme bis zum zweiten stock hoch produziert. danach stand er eine minute vor dem grill und starrte drauf.
    *kippte vor lachen aus ihrer liege

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