Genres

Ach was, Sie lesen Bezis? Hätte ich Sie anders eingeschätzt. Mehr intellektueller. Aber Beziehungsromane… ich weiß nicht. Hab nix an dem Genre. Das ist doch Rosamunde Pilcher, ja? Oder die andere, die deutsche da, mit dem Margarinenamen, Sanella oder wie. Hab ich im Fernsehen geguckt, zufällig natürlich. Liegt mir nicht. Überhaupt: Alles was so in der Verniedlichungsform daherkommt: Bezi, Krimi, SciFi – nee.

Ingeborg Bachmann? Nie gehört. Max Frisch? Ach, Männer schreiben so was auch? Ich meine: Immer das eine. Mann und Frau. Sie treffen sich, sie verlieben sich, sie hauen sich, sie zergrübeln sich, sie kriegen sich. Das ist doch Bezi, gell? Genre. Fängt mit den Lore-Romanen an und endet dann bei – wie hieß die Dame noch mal? Bachstelz?

Jetzt haben Sie sich doch nicht so mit Ihrem Genre! Klar hab ich früher auch Edgar Wallace im Fernsehen geguckt, aber das war so – na ja, wie soll ich sagen – das war so, dass ich mir danach keinen Krimi mehr gekauft hab. Immer der gleiche Mist. Oder SciFi. Mich hat mal einer mit Perry Rodan traktiert und später ist er mir mit einem gewissen Lem gekommen, den sollte ich unbedingt lesen, ganz anders als der Perry. Aber doch auch nur Weltraum, oder?

Nein, ich lese nur gute Bücher, die nicht so ein Genre sind. Wo man nachdenken muss, was einem der Autor vordenkt, wo die großen Dinge des Lebens verhandelt werden, das Existentielle, wenn ich so sagen darf, ohne diese Beziehungskisten, ohne diese Morde, und schon gar nicht im Weltraum. Thomas Mann zum Beispiel.

Wie bitte? Das sei Genre? Thomas Mann Genre? Ja, wo leben Sie denn? „Der Zauberberg“ hat mit „Dr. Blasius – der Arzt, den die Frauen versauen“ gar nichts zu tun! Das nehmen Sie sofort zurück oder ich lasse Ihnen das Abitur entziehen! Und „Joseph und seine Brüder“ ist kein Machwerk aus dem Bibelgenre! Kommen Sir mir jetzt nicht mit Dan Brown! Ja, ja, Sie mit Ihrem Simenon! Ich hab Jerry Cotton gelesen, ich kenn Ihren Simenon!

Aber jetzt noch mal die Bezis. Ich meine: diese Frau Bachmann und der Herr Frisch und wie sie alle heißen, dieser Franzose, dieser Flaubert zum Beispiel mit seiner Madame und ihren Beziehungskisten. Wenn die wirklich so gut sind – warum schreiben die dann keine richtigen Bücher? Bezi könnte ich auch. Krimi könnte ich auch. SciFi eh, ich hab damals die Mondlandung live verfolgt. Aber echte Literatur? Wo unsereiner mit dem Großhirn denken muss, weil im Kleinhirn kein Platz mehr ist für all das Tief- und Scharfsinnige? – Sehen Sie. Können die nie. Alles Genre. Alles eingeschränkt. Unterhaltungsliteratur, meinetwegen. Gehen Sie mir doch weg damit!

7 Gedanken zu „Genres“

  1. Nö, Barb, außer den üblichen depressiven und aggressiven Schüben Superwochenende gehabt. Tollen Krimi einer vielversprechenden Kriminaldichterin weitergelesen. Hochspannung! Lediglich rollige Katze hat genervt, die hinter meinem Kater her ist, der wohl will, aber halt nicht mehr kann.

    bye
    dpr

  2. Die Bibel: iss für mich‘ n unordentliches Buch mit 50 000 Textvarianten. Alt und buntscheckig genug. Liebeslyrik, Anekdoten, das ist der Ana, der in der Wüste die warmen Quellen fand, politische Rezeptur; und natürlich ewig merkwürdig durch den Einfluß, den es dank geschickter skrupelloser Propaganda und vor allem durch gemeinsten äußerlichen Zwang, compellum intrare, gehabt hat. Der ‚Herr‘, ohne dessen Willen kein Sperling vom Dach fällt oder 10 Millionen im KZ vergast werden: das müßte schon ne merkwürdige Type sein – wenn’s ihn jetzt gäbe!

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