Terrill Lee Lankford: Earthquake Weather

Terrill Lee Lankfords Buch „Earthquake Weather“ verspricht viel. Es beginnt mit einem Erdbeben und endet mit dem ungesühnten Mord an O.J. Simpsons Frau und deren Liebhaber, dazwischen der Kosmos Hollywoods: Mitten in der Nacht, ein Beben so groß, dass die Bücherregale von den Wänden stürzen und man fürchten muss, der Himmel falle einem auf den Kopf. Die Menschen Kaliforniens rennen auf die Strassen. Im Schatten der großen Bedrohung kommen sie sich näher, und Nachbarn, die sich nie wahrgenommen haben, lernen einander kennen.

Das Buch erzählt aus der Sicht Mark Hayes‘, „Creative Executive“ einer kleineren Produktionsfirma, die für eines der großen Filmstudios in Hollywood arbeitet. Tag für Tag liest er eingereichte Manuskripte, um sie auf ihre Verwertbarkeit als Film zu überprüfen. Ein quälender Job: Die Ablehnungsrate geht gegen hundert Prozent. Lieber würde er einen kleinen Film selber verantwortlich produzieren und schließt sich damit dem Heer der Träumer an, welches Hollywood bevölkert.

Dessen Größe wird wohl nur noch übertroffen vom Heer der Enttäuschten und Verbitterten. Sein Nachbar ist so einer, Hayes lernt ihn kennen, als das Erdbeben ausbricht und sich alle auf dem Parkplatz vor dem gemeinsamen Wohngebäude treffen. Es ergibt sich, dass er in früheren Zeiten mit Hayes’ Chef enger zusammenarbeitet hat und diesen seither hasst. Charity James ist eine andere. Die Geliebte seines Chefs hofft groß ´raus zu kommen und wird doch nur, mittlerweile koksabhängig, abserviert.

Die Exposition dauert fast bis zur Mitte des Buches. Bis dahin hat der Leser gelernt, dass Hayes’ Chef ein Widerling mit vielen Feinden ist. Als er dann ermordet wird und Mark Hayes sich als Hauptverdächtiger sieht, steht also ein Krimimahl zu erwarten, bei dem dieser unter einer Handvoll Verdächtiger den Schuldigen zu suchen hat und welches reich mit „Roten Heringen“ gesegnet ist. Stattdessen investieren Autor und Mark Hayes viel Zeit darauf, Charity James vor dem Untergang im Drogenmilieu zu bewahren, und die selbstmitleidig gefärbte Darstellung der Metropole des Showbiz, voller Anekdoten und reich an Atmosphäre geht weiter.

So scheitert „Earthquake Weather“ daran, dass es dem Autor nicht gelingt, ihm ein Krimileben einzuhauchen. Ein Mord und eine überfallartige Auflösung reichen da nicht, auch dann nicht, wenn der Autor währenddessen seine Wertschätzung für Raymond Chandler zu Papier bringt. Schade eigentlich, denn der Autor zeigt bei dem, was er erzählt, sein Vermögen eine Geschichte zu strukturieren und zu erzählen. Stimmig schildert er eine Filmindustrie, die genauso viel künstlerische Haltung besitzt wie die Autoindustrie. Während die Kreativen den Kaufleuten vorwerfen, ohne sie nichts zum Produzieren zu haben, werfen jene ihnen vor, selbst verträumt am Markt vorbei zu erschaffen. Inmitten alledem ein Drogenmilieu, welches im Schatten der gescheiterten Träume und des euphorisierenden Blitzgewitters entsteht. Lankfords Personen sind sehr gut und gerade in der vielschichtigen und ein wenig gebrochenen Person des Icherzählers, einem der modernen, verlorenen Young Professionals, gelingt ihm ein kleines Meisterstück.

Doch was bleibt? Dass der Leser sich am Ende fühlt wie Mark Hayes bei seiner Arbeit.

Terrill Lee Lankford: Earthquake Weather. 
Balantine Books 2005 (TB). 303 Seiten. 6,49 €
(noch keine deutsche Übersetzung)

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