Robert Greer: Head Shock

Unsterblichkeit, Unverletzlichkeit, Selbstheilung. Die moderne medizinische Grundlagenforschung ist auf der Suche, die Grundsehnsüchte der Menschheit zu befriedigen. Untersuchungsobjekt sind heutzutage allerdings noch die einzelnen Zellen, aus denen unser Körper aufgebaut ist und deren Umgang mit Stress sowie die Möglichkeiten, entstandene Schäden an der genetischen Ausstattung der einzelnen Zellen zu reparieren.

Antworten hierzu hätte auch gerne Jack Kimbrough. Der schwerreiche Eigentümer einer Firma für Feuerwehr- und Katastrophenbedarf träumt jedoch von mehr. Mit seinem Wissenschaftler meint er einen Weg gefunden zu haben, der es ermöglicht, die durch Stress ausgelösten Veränderungen eines Körpers dauerhaft zu fixieren und zu nutzen. Vorbild ist ihm Luke Redstone, ein Züchter von Kampfhähnen, der durch seine ungewöhnlichen Trainingsmethoden eine außergewöhnlich erfolgreiche Linie von Hähnen gezüchtet haben will.

Wissenschaftlicher „bullshit“ natürlich. Weiß der Autor, Robert Greer, im Hauptberuf Professor für Pathologie auch. Tut nichts, da hinreichend authentisch vorgetragen. Behaupte aber bitte kein Leser, er verstünde jetzt etwas über Heat Shock Proteine, Elemente in den Zellen, die deren Anpassung an Stress regulieren und die das Objekt des wissenschaftlichen Interesses Jack Kimbroughs sind.

Kimbroughs Labor steht vor dem entscheidenden Durchbruch, Redstones Hähne sollen helfen, neue Daten zu gewinnen und so lässt Kimbrough diese von seinem Mann fürs Grobe stehlen. Gleichzeitig hat Kimbrough eine Truppe arbeitsloser Indianer zusammengezogen und bastelt am ultimativen Feldexperiment um seine Thesen zu belegen. Von alledem ahnt Dr. Carmen Nguyen nichts, die als Notfallärztin erst Redstone hilft, der mit einer akuten Krise ins Krankenhaus kommt und an einem seltenen Krebs leidend dem lebenslangen Aufenthalt in den Uranminen Tribut zahlen muss, und dann Walker Rios, einen Wildwasser- Rafting-Spezialisten rettet, der nach dem Tod eines Kindes, das mit ihm fuhr, in der Krise steckt. Der eigenwillige Redstone nimmt ihr das Versprechen ab, sich um seine Hähne zu kümmern. Als sie dieser Aufgabe nachkommen will, wird sie mit Gewehrschüssen begrüßt. Die Hähne sind verschwunden und sie und der wiedergenesene Walker Rios nehmen die Suche auf. Stück für Stück entdecken sie, dass da mehr ist, als nur ein paar verschwundene Hähne und ein wildgewordener Killer, der sie verfolgt.

Liest man „Heat Shock“ nur als Wissenschaftsthriller, wird man enttäuscht. Auch wenn Kimbrough von Großem träumt, es ist ja nicht der Bestand der Menschheit in der uns bekannten Art und Weise gefährdet und auch wenn sich genügend Spannung einstellt, atemlos und vor Aufregung wild an den Seiten des Buches reißend, macht es den Leser nicht.

Anders als die allermeisten der bei wtd schon vorgestellten afroamerikanischen AutorInnen, anders auch als in Greers CJ Floyd-Serie, ist „Heat Shock“ kein Buch, welches die rassische Zugehörigkeit seines Autor offen zur Schau trägt und dennoch ist diese kaum zu übersehen. Unprätentiös appelliert es an das historische Gewissen der USA und erinnert an das Schicksal der früheren indianischen Plutoniumminenarbeiter und ihrer Familien oder an die vietnamesischen Bootpeople und My Lai [Massaker des US-Militär an vietnamesische Dorfbevölkerung].

Kurzum, ein gut geschriebener Thriller, angesiedelt in den Landschaften des alpinen Colorado und des kargen Utah, nicht besonders komplex aufgebaut, aber mit häufiger wechselnden Perspektiven vielschichtig und zudem intelligent erzählt.

Robert Greer: Head Shock. 
Mysterious Press 2003. 308 Seiten
(z.Zt. nur antiquarisch erhältlich, noch keine deutsche Übersetzung)

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