Humor im Krimi kann zum Heulen sein. Zwischen der treffenden Lakonie eines Hammett / Chandler und dem Sprachwitz eines Wolf Haas tummeln sich Witzbolde jeglicher Couleur, die Kleinen-Feinen, die Brutal-Direkten, die Aufgesetzt-Blödelnden. Drei Exempel angewandten Humors möchte ich heute vorstellen: die aktuellen Krimis von Leo P.Ard, José Luis Correa und Robert B. Parker.
Gammelfleisch und BSE, Hühnergrippe und Tierquälerei: Es gibt tatsächlich viele Gründe, auf den Genuss von Fleisch zu verzichten, vielleicht sogar welche, ihn schlichtweg zu verbieten. Leo P. Ard (wir lachen schon beim Autorennamen) entwirft in „Der letzte Bissen“ genau dieses Szenario: die Fleischprohibition. Und ihre natürlichen Folgen: Schwarzhandel, Dealer mit weiten Mänteln, der Kampf zwischen Gesetzestreue und Fleischeslust. Ein Ermittlerpärchen (sie fleischclean, er einem Steak nicht abgeneigt) ist hinter den Al Capones des Fleischschwarzmarktes her und, zunächst ohne es zu ahnen, einem Geheimnis auf der Spur, das staatserschütternd ist.
Solide gemacht. Der Autor arbeitet fürs Privatfernsehen, das merkt man. Alles kundenorientiert aufgebaut und mundgerecht durchgezogen – aaaaber: Leider hat Herr Ard, der wie gesagt fürs Privatfernsehen arbeitet, die dortigen Comedy-Serien zu sehr verinnerlicht und behelligt uns mit dem Standard der dort angesagten Witzchen. Schön; dass Alfred Biolek im Gefängnis sitzt, weil er nicht vom Fleisch lassen kann, nehmen wir zur Kenntnis und bitten darum, aus der Fiktion doch bitte Wirklichkeit werden zu lassen. Aber dieses Schema zieht sich durch den ganzen Roman. Auch der „Bulle von Tölz“ verstößt natürlich gegen die Regeln, Bayern München desgleichen… Von den anderen Scherzen mal ganz abgesehen, die der Autor wohl sauber im Zettelkasten hatte und immer dann, wenn ihm Zeit für eine kleine Witzunterbrechung schien, auf das Handlungsbrett genagelt hat. Das verhindert die potentielle Satire und sanktioniert die harmlose Schmunzelidylle. MIt voraussehbarem Ende: DIE DA OBEN halten sich nicht an ihre eigenen Gesetze, predigen Wasser und trinken Wein. Gut zu wissen.
José Luis Correas „Drei Wochen im November“ führt auf die Ferieninsel Gran Canaria und macht uns mit Privatdetektiv Ricardo Blanco bekannt. Das kommt zunächst leicht parodisch daher, die üblichen „Ich nehme jetzt mal das Genre auf den Arm“ – Strategien mit obligatorischem Sam-Spade-Verweis. Eine schöne, dabei natürlich undurchsichtige Frau nimmt Blancos Dienste in Anspruch, um den angeblichen Selbstmord ihres Verlobten, den sie nicht für Selbstmord hält, zu untersuchen. Bekanntes Muster. Aber dann beginnt dieser Ricardo Blanco zu denken, leicht abseitig zu denken, seine Biografie lächelnd zu perforieren, ein Schwenk hierhin, ein Schwenk dorthin, zurück zur Wirklichkeit des Falles und so weiter. Das ist witzig und genau, treffend auch und treibt die Handlung auf angenehme Weise voran. Von Parodie keine Spur mehr, eher von der Kraft des wohldosierten Witzes, der nie zum Selbstzweck wird und auch in der Tragödie nicht deplaziert wirkt. Humor als ein verspieltes Hündchen, das bei Gelegenheit die Zähne zeigt und auch schon mal die Wade des Gegners fixiert. Vielversprechender Beginn einer neuen Serie.
Neu ist uns Spenser, der Held in Robert B. Parkers „Die blonde Witwe“ nun wirklich nicht mehr. Der Autor schickt seinen Helden schon seit Jahrzehnten durch die amerikanischen Krimi-Highlands, im vorliegenden Buch bekommt er es, siehe Titel, mit der blonden und äußerst dummen Witwe eines erheblich älteren und reicheren Mannes zu tun, der aber jetzt nicht mehr älter werden kann, weil er nämlich tot ist und die Witwe die Hauptverdächtige.
Das Ganze erinnert an gute alte US-Krimiserien (und „Spenser“ war tatsächlich mal eine davon), sehr solide gezimmert, die Effekte an den richtigen Stellen – aber was „Spenser“ so besonders macht, das sind die Dialoge. Kurz. Prägnant. Von keinerlei politischen Korrektheit kastriert. In eben dieser Kürze und Schärfe verdammt witzig. Spannungsliteratur, die auch Entspannungsliteratur ist, Wohlfühlkrimis, die nun aber auch alle niederen Instinkte aufs Höchste befriedigen. Noch weitere Jahrzehnte Spenser bitte, verehrter Autor.
Leo P. Ard: Der letzte Bissen.
Grafit 2006. 285 Seiten. 9,50 €
José Luis Correa: Drei Wochen im November. Unionsverlag 2006. 192 Seiten. 8,90 €
Robert B. Parker: Die blonde Witwe. Pendragon 2006. 224 Seiten. 9,90 €
Hallo dpr,
ich kann unmöglich auf die gute Tradition, fremde Seiten für eigene Interessen zu shanghaien verzichten. Denn hier:
http://www.alligatorpapiere.de/spurensuche-zwanzigsieben-parker.html
habe ich ein ausführliches Porträt über Spenser veröffentlicht.
Herzliche Grüße aus Berlin
Axel
*klickt drauf
Ich bin entsetzt, Axel! Das ist Piraterie! Dich zeig ich an bei der Blogpolizei! Naja, ihr Pfälzer ward ja schon immer große Schmuggler.. Und Madame A. klickt natürlich gleich drauf…
bye
dpr
Und ihr Saarländer habt davon profitiert: Wegezoll, Steuern, neue Produkte, Gewässer, Bodenschätze, exportfähige Politiker (Äh, wollt ihr den Oskar wiederhaben?), tolle KrimiautorInnen,…
wirft Axel (auf der Flucht vor der Blogpolizei) ein
Tja, lieber Axel, da siehst du mal, auf welcher Seite der Grenze die Schlauen sitzen…äh, nee, den Oskar habt ihr euch verdient, den könnt ihr behalten. Und das mit den tollen Krimiautorinnen nimmst du gefälligst zurück!
bye
dpr
Niemals!
Ich bewundere die Werke von, äh, mir fällt der Name jetzt gerade nicht ein, aber du kennst ihn ja.
Und Tschüss
Axel
was mir sehr bei axel gefällt, sind die leseproben.
*nickt in die runde
Kein Wunder, Anobella, der Mann stammt ja auch aus der Pfalz, da hat er schon als Kind an WeinPROBEN teilgenommen.
bye
dpr
aus der pfalz? *hüstelt
nicht mehr lange … die pfalz geht an belgien … das ist beschlossene sache zwischen mir und dem BELGISCHEN KÖNIG. es muss ein bisschen bewegung in die europäische außenpolitik kommen. das einzige, was uns aufhalten kann, ist das deutsche parlament.
**zieht ihren degen
D’accord. Aber nur wenn Belgien gleichzeitig an Australien geht und alle Pfälzer sofort nach dort umgesiedelt werden, damit die Saarländer Platz für einen großen Parkplatz bekommen.
bye
dpr
also ich nehms schon ein bisschen ERNSTER als das, dpr.
*pikiert
Habe die Kritik über meinen krimi „Der letzte Bissen“ gelesen. Was ist nicht verstehe: warum der Autor meinen Humor, den er offenbar nicht teilt, daraus ableitet, daß ich auch für das Privatfernsehen arbeite. Er müßte ja auch wissen – wenn er so gut recherchiert hat – daß ich auch für ARD und ZDF arbeite (Polizeiruf 110″, „Sperling“ „Ein starkes Team“. Aber das paßt dann ja nicht mehr in das Bild, denn öffentlich-rechtlich ist ja anspruchsvoll und privatfernsehen ist gleich flach und anspruchslos. Schön wärs.
Leo P. Ard
Sie haben Recht, Herr Pomorin,
das passt nicht ins Bild. Aber nicht wegen öffentlich-rechtlich = anspruchsvoll und privat = flach. Da steh ich als mehr oder weniger Fernsehverächter drüber. Aber: Der Humor in „Der letzte Bissen“ ist nun einmal genau der, den ich bei meinen gelegentlichen Ausflügen ins Fernsehen von den Privaten kenne (wobei er ja längst schon auch zu den Öffentlich-Rechtlichen rübergemacht hat). Es geht nicht mal darum, dass das nicht „mein“ Humor ist. Es ist einfach nicht der Humor des Buches. Ich habe ja auch gar nicht behauptet, das Buch sei „schlecht“. Es wird ihm nur durch dieses Humorige genau der BISS genommen, den es thematisch ja durchaus haben könnte. Plotmäßig und dramaturgisch bescheinige ich Ihnen ja durchaus, Ihr Metier zu verstehen. Aber es geht denn doch den Weg allen Witzels: direkt in die vorhersehbare Harmlosigkeit. Und das find ich schade.
bye
dpr
polizeiruf 110?
*interessiert
der ist ja fast besser als der tatort.